Safewards. Sicherheit durch Beziehung und Milieu von Michael Löhr, Michael Schulz und André Nienaber

„Damit wir die psychiatrische Welt neu erschaffen können, müssen wir sie mit anderen Augen sehen. Safewards hilft, die Welt der Psychiatrie eher aus der Sicht der Betroffenen und weniger aus der Sicht der Institution zu sehen. Nicht mehr und nicht weniger.“ (Seite 181)

Vor 25 Jahren habe ich eine Ausbildung zur Krankenschwester an einer psychiatrischen Klinik absolviert, wo ich auch Zwangsmaßnahmen, das Aufschaukeln von Gewalt und Gegengewalt, das Ausüben von Macht über Fixierung und Bedarfsmedikation etc. erlebt habe. Heute arbeite ich als Psychologin, und auch als Privatperson ist es mir wichtig zu sehen, dass in deutschen Psychiatrien (langsam) ein Wandel einsetzt, der meiner Meinung nach schon lange überfällig ist.

Michael Löhr, Michael Schulz und André Nienaber schreiben in ihrem Buch Safewards. Sicherheit durch Beziehung und Milieu über die Ursachen von Gewalt und Aggression in der Psychiatrie, über Formen und Häufigkeiten von Übergriffen, professionelle Beziehungsgestaltung, das Safewards-Modell, Safewards-Interventionen und ihre Implementierung sowie die Studienlage. Zudem werden sechs Kliniken vorgestellt, die das Safewards-Konzept bereits eingeführt haben.

Die Autoren bieten eine schrittweise Anleitung und sprechen über ihre Erfahrungen mit den einzelnen Schritten der Interventionen und deren Implementierung sowie über Stolpersteine und Lösungen für möglicherweise auftretende Probleme.

Dabei richtet sich das Buch an Pflegekräfte, aber auch für mich als Psychologin war das Buch eine Bereicherung. Ich fand es nicht nur spannend, von den Interventionen zu lesen, sondern ich habe zudem Impulse für meine eigene Arbeit erhalten, obwohl ich nicht auf einer Safewards-Station und nicht in der Psychiatrie arbeite. Interessant war für mich primär, darüber zu lesen, dass Psychiatrie auch anders geht, als ich das vor 25 Jahren in meiner Krankenpflegeausbildung erlebt habe.

Für diejenigen, die auf einer psychiatrischen Station arbeiten, auf der das Safewards-Konzept umgesetzt werden soll, bietet das Buch eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie das funktionieren könnte, was man beachten muss, was schief gehen kann. Damit hat Safewards. Sicherheit durch Beziehung und Milieu einen enormen praktischen Nutzen.

„Gewalt und Psychiatrie sind nach wie vor zwei eng miteinander verwobene Themen, die immer wieder zu heftigen Diskussionen führen […]. Heutzutage wissen wir relativ viel über die Komplexität der Entstehung von Aggression und Gewalt und vor allem wissen wir, dass selten nur eine Seite für eine Eskalation verantwortlich ist. Häufig ist es ein komplexes System von miteinander interagierenden Faktoren und fast immer sind vorbeugende Maßnahmen möglich. Das Safewards-Konzept basiert auf einem Modell, das diese Komplexität abbildet. Es bietet anhand von zehn grundlegenden Interventionen einen Ansatz, um Situationen von Gewalt und Aggression in der psychiatrischen Versorgung zu reduzieren oder zu vermeiden.“ (Seite 9)

Michael Löhr, Michael Schulz und André Nienaber: Safewards. Sicherheit durch Beziehung und Milieu. Psychiatrie Verlag, 2019, 187 Seiten; 25 Euro.

Dazu hab ich auch was zu sagen!