Komplexe Traumafolgestörungen. Diagnostik und Behandlung von Folgen schwerer Gewalt und Vernachlässigung von Martin Sack, Ulrich Sachsse und Julia Schellong (Herausgeber)

„Vielmehr sind viele Symptome der Komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung geeignet, Intrusionen und Übererregung suffizient zu verhindern. Sie bildet sich aus, um die belastende Symptomatik der Posttraumatischen Belastungsstörung mit Intrusionen, Flashbacks, Übererregung und Realitätsverlust möglichst weitgehend einzuschränken oder sogar zu verhindern.“ (Seite 21)

Komplexe Traumafolgestörungen setzt sich initial mit der Diagnostik auseinander (u.a. Neurobiologie komplexer Traumafolgestörungen, Grundlagen der Diagnostik, Diagnosestellung, Instrumente zur strukturierten Diagnostik, Differenzialdiagnostik und Komorbidität, gutachterliche Diagnostik, kultursensibles Vorgehen in der Diagnostik).

Darauf folgt der ausführlichste Teil des Buches, der sich mit der Therapie befasst (u.a. Rahmenbedingungen, Behandlungsvorbereitung, Grundstrategien in der psychotherapeutischen Behandlung, Therapiemethoden und Behandlungstechniken, Besonderheiten bei der Behandlung verschiedener Patientengruppen wie z.B. bei bestehendem Täterkontakt, bei Tätertrauma, Geflüchteten, Psychose und Sucht).

Der Abschnitt Gesellschaft thematisiert schließlich Genderaspekte, Gewalt und sexuellen Missbrauch in Institutionen und Schweigedilemma in der katholischen Kirche.

Was für ein Buch! Ich habe mich schon etwas ausführlicher mit Traumatisierung und Traumatherapie befasst, aber dieses Buch ist eine echte Fundgrube für alles, was man zum Thema wissen möchte/muss.

Das Buch deckt eine große Bandbreite an Themen ab, geht aber stets auch in die Tiefe, vermittelt so richtig viel Wissen über die Diagnostik und Therapie von Traumafolgestörungen. Dabei fand ich bereits den Diagnostik-Teil sehr hilfreich und praxisnah, dieser Teil hat mir sehr wichtige und relevante Informationen zur Diagnosestellungen vermittelt, die für meine psychotherapeutische Tätigkeit sehr wertvoll sind. Der Therapie-Teil ist extrem gelungen und bietet für scheinbar jede Konstellation und jeden Problembereich eine Antwort.

Das Buch lässt sich zudem gut und flüssig lesen, ist sehr gut strukturiert und übersichtlich. Es eignet sich sowohl zum Komplettlesen (was ich getan habe) als auch zum Nachschlagen (was ich sicherlich sehr oft tun werde).

Sehr gut gefallen hat mir auch, dass das Buch auf einem aktuellen Stand ist, z.B. was den Einsatz von traumafokussierten Techniken bei Psychose angeht:

„Eine Vielzahl von Studien zeigt heute […], dass traumafokussierte Behandlungsmethoden wie EMDR oder prolongierte Exposition entgegen häufiger Vorurteile in der Behandlung von Menschen mit PTBS und Psychose nicht nur sicher anwendbar, sondern auch wirksam sind – wohlgemerkt bezüglich sowohl posttraumatischer als auch psychotischer Symptome.“ (Seite 151)

Hier werden viele ebenso spannende wie relevante Aspekte beleuchtet und wirklich sämtliche Fragen beantwortet.

Martin Sack, Ulrich Sachsse und Julia Schellong (Herausgeber): Komplexe Traumafolgestörungen. Diagnostik und Behandlung von Folgen schwerer Gewalt und Vernachlässigung. Schattauer, 2022, 776 Seiten; 88 Euro.

Dazu hab ich auch was zu sagen!