„Die Angst steht den Menschen im Gesicht geschrieben. Man wartet darauf, dass die Revolution die Stadt erobert.“
Der Syrer Hammoudi hat sich in Paris ein neues Leben mit seiner Freundin Claire aufgebaut und gerade seine Facharztausbildung zum plastischen Chirurgen abgeschlossen. Nun reist er zurück nach Syrien, um seinen Pass zu verlängern – eigentlich eine reine Formsache, doch er darf Syrien nicht mehr verlassen.
Amal lebt in Damaskus und feiert gerade erste Erfolge als Schauspielerin. Den Ausbruch der Revolution in Syrien erlebt sie anfangs als aufregend und als Auftakt einer dringend notwendigen Veränderung. Sie beteiligt sich an Demonstrationen gegen den Assad-Clan und wird schließlich verhaftet.
Gott ist nicht schüchtern war mein erstes Buch von Olga Grjasnowa, aber noch während der Lektüre habe ich Der Russe ist einer der Birken liebt bestellt, da mich die Autorin durch ihren Roman über Syrien ganz für sich einnehmen, mich begeistern und neugierig auf ihre anderen Romane machen konnte.
Gott ist nicht schüchtern ist ein ebenso beeindruckendes wie weises Buch und besticht durch die klare Sprache Grjasnowas und den direkten Einstieg ins Buch, der mir sofort Zugang zur Geschichte und den beiden Hauptprotagonisten verschafft hat. Dadurch, dass sich die Erzählstränge um Amal und Hammoudi abwechseln, baut Grjasnowa zudem viel Spannung auf und hält den Leser so Seite für Seite in ihrer Geschichte.
Der Roman ermöglicht es nicht nur, Zeuge der ersten Demonstrationen in Syrien zu werden, den Beginn der Revolution und damit des Bürgerkrieges mitzuerleben, sondern macht den Krieg real und gibt ihm ein Gesicht. Dabei beschreibt Grjasnowa Damaskus und Deir az-Zour sowie die Stimmung im Land auf eindringliche und detaillierte Weise, wobei die Schilderungen im Verlauf des Buches zwar sehr explizit und brutal werden, doch auch stets hoffnungsvoll bleiben.
Olga Grjasnowa: Gott ist nicht schüchtern. Aufbau Verlag, 2017, 309 Seiten; 22 Euro.