„Zum Glücklichsein braucht es nicht viel, man muss es nur wollen.“
Drei alte Männer (Tom, Charlie und Ted) haben sich für ein Leben im Wald entschieden: in absoluter Freiheit und weit weg von anderen Menschen. Doch eines Tages taucht eine Fotografin auf, die auf der Suche nach Ted ist, weil sie ein Fotoprojekt über die letzten Überlebenden der Großen Brände zu Beginn des 20. Jahrhunderts plant. Doch Ted ist wenige Tage zuvor gestorben.
Die Fotografin beschließt dennoch, wieder zu kommen, denn sie ist neugierig auf Tom und Charlie, auf das Leben fernab der Zivilisation geworden. Und schließlich taucht zudem eine alte Dame auf, die ihr altes Leben hinter sich lassen will und eine Hütte im Wald bezieht.
Aufgrund des Fotos des charismatischen Mannes auf dem Einband bin ich vor einigen Jahren auf Ein Leben mehr aufmerksam geworden, und nach der Lektüre kann ich sagen, dass das Cover hervorragend zum Buch passt und die Personen im Roman ebenso viel Ausstrahlung und Tiefe haben wie das Foto impliziert.
Der Einstieg ins Buch hat mir sehr gut gefallen, und trotz der anspruchsvollen Sprache mit langen, verschachtelten Sätzen ließ sich der Roman flüssig und schnell lesen. Im Verlauf fühlte ich mich anfangs etwas verloren, denn ich war unsicher, wohin die Geschichte noch führen wird, was das Auftauchen der sogenannten Zeugen bedeutet, welche Rolle den einzelnen Personen noch zukommen wird. Wenig später haben sich diese Unsicherheiten in Rauch aufgelöst, und ich fand die Konzeption des Romans insgesamt sehr gelungen.
Auch der Aufbau des Buches hat mir gefallen. Durch den Wechsel zwischen den kursiv geschriebenen Abschnitten, in denen man das Gefühl hat, die Autorin wende sich persönlich an den Leser, und den Passagen, die aus verschiedenen Perspektiven und z.T. mittels Rückblenden erzählt werden, wird die Lektüre komplex und abwechslungsreich, und auf gerade einmal 190 Seiten gelingt der Autorin eine umfassende, facettenreiche Geschichte.
Ein Leben mehr ist eine anspruchsvolle Geschichte über Freiheit und Sicherheit, Liebe und Freundschaft, Sterben und Tod.
Jocelyne Saucier: Ein Leben mehr. Aus dem Französischen von Sonja Finck. Insel Verlag, 2017, 192 Seiten; 10 Euro.
Dieser Post ist Teil des Wald-Monatsthemas im Dezember 2018.