„Sucht ist ein Sog, der alle mit sich in den Abgrund reißt, die ihm zu nahe kommen: die Suchtkranken selbst, aber auch die Partner, Eltern, Geschwister, Arbeitskollegen oder Freunde können in Mitleidenschaft gezogen werden. Am meisten leiden Kinder unter den zerstörerischen Auswirkungen von elterlicher Sucht.“ (Seite 9)
Jens Flassbeck und Judith Barth setzen sich in ihrem Buch Die langen Schatten der Sucht sehr ausführlich und praxisorientiert mit der Behandlung komplexer Traumafolgen bei erwachsenen Kindern aus Suchtfamilien auseinander, schreiben z.B. über stille Kinder, Helferkinder und vergessene Kinder, Belastungen und Traumata wie emotionale Vernachlässigung, Isolation und Abwertung sowie Grundbedürfnisse, Schemata, komplexe PTBS, therapeutische Beziehungsgestaltung, Depressions- und Angstbewältigung, Rückfallprophylaxe.
Sucht ist ein Thema, mit dem ich mich bisher eher wenig beschäftigt habe, und mit der Behandlung von Traumafolgestörungen durch das Aufwachsen in einer Suchtfamilie hatte ich bislang noch weniger Berührungspunkte. Die Autoren haben mir aus diesem Grunde viel Wissen vermitteln können.
Die langen Schatten der Sucht befasst sich auf sehr detaillierte Weise mit der Thematik, und durch die vielen Fallbeispiele ist das Buch sehr anschaulich und durchweg praxisorientiert. Dennoch habe ich an dem Buch verhältnismäßig lange gelesen, habe bei der Lektüre immer wieder eine Pause einlegen müssen.
Flassbeck und Barth sprechen in ihrem Buch viele Facetten des Themas an und bieten dem Leser so viele Einblicke in ganz unterschiedliche Bereiche des Denkens, Fühlens und Handelns. Ihnen gelingt es zudem, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Phänomenen und Erfahrungen herzustellen, wodurch sie die Gedanken, Gefühle und Handlungen von Betroffenen nachvollziehbar und verstehbar machen.
Jens Flassbeck und Judith Barth: Die langen Schatten der Sucht. Behandlung komplexer Traumafolgen bei erwachsenen Kindern aus Suchtfamilien. Klett-Cotta, 2020, 346 Seiten; 35 Euro.