„Ich will als ordentlicher Mensch sterben, so, wie ich gelebt habe.“ (Track 3)
Eine öffentliche Sitzung des Ethikrates tagt, besprochen wird der Fall des 78-jährigen Richard Gärtner, der drei Jahre nach dem Tod seiner Ehefrau nur noch einen einzigen Wunsch hat: auch sterben zu dürfen.
Gärtner ist körperlich und psychisch gesund, hat keine chronischen, schier unerträglichen Schmerzen, doch er möchte selbstbestimmt und in Würde sterben, nicht in einem Krankenhaus, nicht durch lebensverlängernde Maßnahmen, nicht eines Tages dahinsiechen.
Gärtner hat sich aus diesem Grunde an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gewandt und eine tödliche Dosis Natrium-Pentobarbital beantragt. Sein Antrag wurde abgelehnt, also sucht Gärtner Unterstützung bei seiner Hausärztin.
Das Theaterstück von Ferdinand von Schirach, dessen überaus gelungene Hörbuchfassung ich gehört habe, setzt sich auf einfühlsame und vielschichtige Weise mit den Themen (Bilanz-) Suizid und aktive Sterbehilfe auseinander.
Ich selbst empfinde die Thematik als moralisch extrem komplex, und auch nach dem Fertighören des Hörbuches mit all den Argumenten und Gegenargumenten zur aktiven Sterbehilfe kann ich für keine der beiden Seiten voller Überzeugung Partei ergreifen.
Das Thema ist ethisch anspruchsvoll, und Bilanzsuizid ist nichts, was man meiner Meinung nach leichtfertig und überstürzt entscheiden kann und sollte. Genau dies macht von Schirach in seinem Theaterstück sehr deutlich, regt so zum Nachdenken an, sorgt dafür, dass man aufgrund der einzelnen Sprecher, die über Religion, Ethik, Medizin, Jura und Philosophie erzählen, Wissen zu Pros und Kontras erlangt, sich dadurch detailliert und aus mehreren Blickwinkeln mit der Materie auseinandersetzt.
Ich empfand das Theaterstück als ausgesprochen gut konstruiert, die Thematik hervorragend aufbereitet, das Hörbuch exzellent gesprochen. Für die Post-Corona-Zeit behalte ich auf jeden Fall das Theaterstück im Hinterkopf und hoffe, dass ich Gelegenheit bekommen werde, dies vor Ort anzuschauen.
„Nur wenn wir nämlich das Leben des anderen bis zu seinem natürlichen Ende bejahen, können wir überhaupt diese menschliche Gesellschaft sein. Der Suizidhelfer sagt im Grunde: ‚Es ist richtig, dass du jetzt nicht mehr lebst.‘. Das ist der furchtbarste Satz, weil er unser sittliches Fundament zerstört.“ (Track 23)
Ferdinand von Schirach: GOTT. Ein Theaterstück. Hörspiel mit Florian Lukas, Jördis Triebel, Corinna Kirchhoff, Bettina Kurth, Peter Rühring, Martin Engler, Felix Goeser und Cathlen Gawlich. der Hörverlag, 2020; 18 Euro.
Dieser Post ist Teil des Vergänglichkeit-Monatsthemas im November 2020.
Hallo infraredhead,
hast du dir eigentlich auch die Verfilmung und die anschließende Diskussion angeschaut? Da gab es ja doch einigen Wirbel in den Medien drum.
Viele Grüße
Elena
Leider nicht. Ich hatte es überlegt, aber wollte erst das Hörbuch hören. Vielleicht gibt’s in der Mediathek noch die Möglichkeit, die Verfilmung anzuschauen. Wäre spannend. Danke für den Reminder.
Hast du’s gesehen?
Nein, ich hatte mir nur dazu ein paar Berichte in den Onlinemedien zu durchgelesen 🙂
Ach so! Liebe Grüße und schöne Weihnachten.