„Glücklicher konnte das Leben für mich nicht sein.“
In Zwischen ihnen erzählt Richard Ford von seinen Eltern Parker Ford und Edna Akin, die sich Ende der 1920er Jahre kennenlernten und bis zur Geburt ihres einzigen Kindes Richard ein Nomadenleben führten und quer durch die Südstaaten der USA zogen.
Die Geburt Richards führt zum Sesshaftwerden der Familie in Jackson, Mississippi, wobei Parker unter der Woche nach wie vor als Handlungsreisender unterwegs war und nur das Wochenende mit seiner Familie verbrachte.
Mit seinem schmalen Büchlein Zwischen ihnen, das in klarer, schnörkelloser, anspruchsvoller Sprache geschrieben ist, hat Ford seinen Eltern ein Denkmal gesetzt, und obwohl es ein sehr persönliches Buch ist, ist es meiner Meinung nach ebenso universell und allgemeingültig.
Ford hat die Geschichte seines Vaters, die zuerst erzählt wird, erst kürzlich, 55 Jahre nach dem viel zu frühen Tod Parkers im Jahre 1960, geschrieben. Der zweite Teil des Buches, den Ford sehr bald nach ihrem Tod 1981 verfasst hat, behandelt Ednas Leben und die Beziehung zwischen ihr, Parker und Richard. Beide Teile wurden somit im Abstand von 30 Jahren niedergeschrieben, bilden aber ein perfektes Ganzes, ergänzen sich, bauen aufeinander auf, machen die jeweils andere Geschichte besser verstehbar und einfühlbar.
Als Leser erhält man durch die auf den Punkt gebrachten Porträts Einblicke in die Familie Ford, die anfangs rundum glücklich scheint, bei der im Verlauf aber auch Risse und Brüche sichtbar werden. Ford verklärt seine Eltern nicht, zeigt Schwierigkeiten und Probleme, reflektiert und macht deutlich, dass er eine glückliche Zeit hatte, obwohl seine Kindheit objektiv betrachtet nicht dem Stereotyp einer rundum glücklichen Kindheit entsprochen haben mag.
„Wenn ich nach meiner Kindheit gefragt werde, sage ich immer, dass sie wunderbar war, dass ich wunderbare Eltern hatte. Daran hat sich durch dieses Buch nichts geändert. Mir ist allerdings klargeworden, dass innerhalb des Bannkreises von »wunderbar« alles, was besonders vertraut, bedeutsam, befriedigend und für meine beiden Eltern unabdingbar war, sich fast ausschließlich zwischen ihnen abspielte. Dieser Erkenntnis ins Auge zu blicken hat für einen Sohn nichts Unglückliches. In mancherlei Hinsicht ist es ermutigend, denn in dem Wissen darum liegt für mich ein hoffnungsvolles Geheimnis des Lebens bewahrt – die Verheißung, dass selbst bei größter Aufmerksamkeit vieles geschieht, was wir nicht begreifen.“
Auch mit dem Leben in den USA vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg wird der Leser in Zwischen ihnen konfrontiert und kann dadurch ein Land entdecken, dass es so heute nicht mehr gibt.
Mich hat dieses wunderbare, persönliche und tiefsinnige Buch sehr beeindruckt und berührt, und ich weiß, dass ich von Ford mehr lesen möchte und muss. Bislang kannte ich lediglich seinen Roman Kanada (der mir ausgesprochen gut gefallen hat), nicht jedoch Fords vielgerühmten Roman Unabhängigkeitstag, der 1996 sowohl den Pulitzer-Preis als auch den PEN/Faulkner Award gewann und der nun ganz weit oben auf meiner Lese-To-do-Liste steht.
Richard Ford: Zwischen ihnen. Übersetzt von Frank Heibert. Hanser Berlin, 2017, 144 Seiten; 18 Euro.
Ein Kommentar zum Literarischen Quartett vom 11. August 2017 mit der Vorstellung von Zwischen ihnen findet sich bei Die Buchbloggerin.
Unbedingt die Frank-Romane lesen (z.B. Unabhängigkeitstag) Die sind wirklich großartig!
Ich hab hier schon das „Frank“-Hörbuch im Regal. Das wäre ein guter (und zeitlich machbarer) Anfang. Bin sehr gespannt auf mehr Bücher von Richard Ford. Hatte beim Lesen von „Zwischen ihnen“ und dem Schreiben meiner Rezension übrigens auch immer wieder dich im Kopf, weil ich weiß, dass du seine Bücher so schätzt.