„Zu Freundschaft bin ich bereit, hier meine Hand darauf… Aber verlieben dürfen Sie sich nicht, ich bitte Sie!“ (Seite 26)
Der 26-jährige, schüchterne Ich-Erzähler lebt bereits seit acht Jahren in Petersburg, hat in der Stadt aber kaum Bekannte. Als zu den weißen Nächten kaum noch jemand in der Stadt ist, sondern Zeit in der Datscha verbringt, fühlt er sich von allen verlassen, die er von Streifzügen durch Petersburg kennt, die ihn aber nicht kennen.
Eines Nachts sieht er eine Frau, die am Geländer des Kanals lehnt, er begleitet sie schließlich, die beiden kommen ins Gespräch.
Der Ich-Erzähler und die 17-jährige Nastenka verabreden sich für die kommende Nacht und erzählen sich gegenseitig die Geschichte ihres Lebens.
Ich habe Weiße Nächte vor sehr vielen Jahren gelesen und hatte gewissermaßen keine Erinnerungen mehr an die Novelle. Da ich Fjodor M. Dostojewski aber sehr als Autor schätze und die Bücher aus der Insel-Bücherei stets sehr gelungen finde, habe ich Dostojewskis Novelle nun nochmals gelesen.
Die Illustrationen im Buch sind einfach wundervoll – traumartig und geheimnisvoll. Sie passen damit perfekt zu dieser Geschichte, die mysteriös anmutet und die weißen Nächte in Petersburg erlebbar macht.
Die Novelle ist, wie von Dostojewski gewohnt, stimmungsvoll und psychologisch überzeugend erzählt. Wie es für viele russische Autoren des 19. Jahrhunderts typisch ist, ist auch Weiße Nächte recht emotional und ein wenig dramatisch, zeigt aber sehr eindrücklich, was sich zwischen den beiden eigentlich Fremden entwickelt und warum diese Gefühle füreinander entstehen können.
Diese Novelle ist meiner Meinung nach ein guter Einstieg ins Werk Dostojewskis, denn sie bietet in aller Kürze schon das, was Meisterwerke wie Schuld und Sühne ausmacht.
Fjodor Michailowitsch Dostojewski: Weiße Nächte. Illustrationen von Stella Dreis. Übersetzung aus dem Russischen von Christiane Körner. Insel Verlag, 2024, 117 Seiten; 15 Euro.