„So kam es, dass ich irgendwann ein illegales Restaurant besaß […].“ (Seite 18)
Nelly ist Mitte 30 und alleinerziehende Mutter. Sie hat in ihrem geerbten Haus viel Platz, und eines Tages beginnt sie, eine alte Freundin, die in der nahegelegenen Schule als Lehrerin arbeitet, mittags zu bekochen. Nach und nach kommen immer mehr Leute mittags zum Essen vorbei, und Nelly verdient so genug Geld, um über die Runden zu kommen.
Mit von der Partie ist z.B. ein älterer Herr, der ‚Kapitän‘, der sich auch rührend um Nellys Kinder kümmert, sowie der Elektriker Markus, für den Nelly romantische Gefühle hat, der allerdings mit der sehr unangenehmen Gretel verheiratet ist.
Jeden Herbst befällt mich eine Sehnsucht nach dem Rhein-Neckar-Kreis, wo ich fast zwei Jahrzehnte gelebt habe. Vielleicht liegt das daran, dass ich im Herbst nach Heidelberg gezogen bin, dass ich diese Jahreszeit besonders mit der Stadt in Verbindung bringe, vielleicht liegt es auch am Wohnen direkt am Weinberg, der im Herbst besonders schön war, vielleicht liegt es auch am Weinheimer Marktplatz, wo ich im Herbst gerne gesessen und Flammkuchen gegessen habe. Auf jeden Fall hat mich pünktlich zu Beginn des Herbstes wieder eine Sehnsucht gepackt, und ich wollte mich virtuell in meine alte Heimat begeben.
Der Mittagstisch ist bestimmt nicht der beste Roman von Ingrid Noll, aber er ist ein recht typischer Noll, und er hat mir schöne Lesestunden beschert.
Wie oft bei Noll stellte ich mir die Protagonistin deutlich älter vor, als sie von Noll beschrieben wurde, Nelly wirkt recht altbacken und eher wie eine Frau kurz vorm Rentenalter. Das fällt mir bei jedem Noll-Roman auf, aber letztendlich tut das dem Lesevergnügen keinen Abbruch.
Der Mittagstisch ist unterhaltsam, und ich habe das Buch an einem einzigen Abend ausgelesen.
Ingrid Noll: Der Mittagstisch. Diogenes, 2016, 224 Seiten; 14 Euro.