„Wer sein Herz an ein Lebewesen hängt, kann nur verlieren, dachte ich.“ (Seite 147)
Lio lernt über Tinder Max kennen, die beiden treffen sich und verabreden sich für eine zweite Begegnung in Max’ Badewanne.
In der Folge unternehmen sie viel gemeinsam, reisen nach Südfrankreich, kommen sich emotional näher, doch für Sexualität ist Lio lange nicht offen.
Wir erfahren später, dass Lio Jahre vorher vergewaltigt wurde, dass sie zudem körperliche Gewalt und emotionale Vernachlässigung durch ihre Mutter erfahren hat, dass die Beziehung zu Max und seiner Familie eine ganz neue Erfahrung für Lio ist.
Mich hat Liebewesen sehr berührt und traurig gemacht. Ich habe während der Lektüre immer wieder für Lio gehofft und ihr gewünscht, dass sie sich aus den Fesseln ihrer Traumata befreien und ihr Glück finden kann, bin tief eingetaucht in ihre Gedanken- und Gefühlswelt.
Dabei liest sich Liebewesen angenehm und ist gleichzeitig anspruchsvoll, obwohl ich die Dialoge zwischen Lio und Max anfangs etwas bemüht und gezwungen fand, und ich zu Beginn des Romans keine Beziehung zu Lio und Max aufbauen konnte. Erst im Laufe der Lektüre ist mir klar geworden, dass das genau die Problematik von Lio und Max widerspiegelt, so dass ich dies als sehr überzeugend beschrieben erlebt habe, da man hier Lios Unsicherheit und ihre Angst sehr gut nachvollziehen kann.
Für mich ist Liebewesen ein sehr stimmiger Roman, der Lios Gefühle und ihre Gedanken spürbar macht. Ein Lieblingsbuch 2024.
Caroline Schmitt: Liebewesen. Eichborn, 2023, 224 Seiten; 20 Euro.