„Es ist insgesamt unmöglich, die fünf neuen Länder in Zentralasien zu verstehen, ohne zu berücksichtigen, wie ihre Zeit als Sowjetrepubliken sie geprägt haben.“
Erika Fatland hat die fünf ehemaligen Sowjetrepubliken Turkmenistan, Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisistan und Usbekistan bereist und vermittelt in Sowjetistan viel Wissen über die Zeit der UdSSR, die Unabhängigkeit und die Veränderungen in den einzelnen Ländern seit der Auflösung der Sowjetunion und beschreibt das Leben in absolutistischen/diktatorischen Regimen versus in Demokratie.
Fatland erzählt von Aschgabat und Marmor, Turkmenbaschi und Stalin, Aralsee und Baumwollplantagen, nostalgia sovietica und dem heutigen Verhältnis zu Russland, Schymkent und dem Großen Vaterländischen Krieg, Karaganda und Arbeitslager, Astana und Almaty, Semipalatinsk und atomaren Probeexplosionen, Duschanbe und Rahmon, Jaghnoben und Zoroastrismus, Islam und Islamismus, Bürgerkrieg und Arbeitsmigranten, Brautraub und häuslicher Gewalt, Königsadlern und Seidenraupen, Geheimpolizei und Schwarzmarkt, Korruption und Menschenrechtsverletzungen, Karakalpakstan und propiska, Buchara und Samarkand, Dschingis Khan und Timur Lenk.
Ich habe mich schon intensiver mit der ehemaligen Sowjetunion und dem heutigen Russland beschäftigt, bislang jedoch nur wenig über die fünf Stans gelesen. Fatland hat es mir mit ihrer großartigen Reisereportage ermöglicht, die fünf ehemaligen Sowjetrepubliken näher kennenzulernen und viel Neues über diese eher unbekannten (Reise-) Länder zu erfahren.
Das Buch beginnt extrem spannend mit dem „Tor zur Hölle“, und durch diesen Auftakt hat mich die Autorin sofort als begeisterte Leserin gewonnen. Auch im weiteren Verlauf schafft es Fatland, das sprachliche und inhaltliche Niveau zu halten, und so lesen sich die 500 Seiten durchweg flüssig und sind fesselnd. Dabei erzählt Fatland detailreich und humorvoll von verschiedenen Aspekten der fünf Länder und schafft es so, den Leser mit auf ihre Reise zu nehmen, die Besonderheiten des jeweiligen Landes zu vermitteln und jedes Land mit den anderen vier zu vergleichen, so dass ein komplexes Bild der zentralasiatischen Länder entsteht.
Sowjetistan bietet spannende Informationen für zukünftige Zentralasien-Reisende, weckt Fernweh und vermittelt zudem ein lebendiges Bild der fünf Stans für diejenigen, die keine Reise planen, sondern die Länder lieber vom heimischen Sofa aus kennenlernen möchten.
Erika Fatland: Sowjetistan. Eine Reise durch Turkmenistan, Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisistan und Usbekistan. Aus dem Norwegischen von Ulrich Sonnenberg. Suhrkamp, 2017, 511 Seiten; 16,95 Euro.
Ein Gedanke zu „Sowjetistan von Erika Fatland“