Was bleibt, wenn wir sterben. Erfahrungen einer Trauerrednerin von Louise Brown

„Ich wünschte, ich hätte ihnen etwas anderes sagen können als das, was ich selbst nicht gern höre, aber in diesen Jahren verstanden habe: dass der Tod keine Gerechtigkeit kennt. Und die einzige Konstante die ist, dass sich alles verändert. Dass es keine Anleitung für das Menschsein gibt. Und der Schmerz des Verlusts der Preis ist, den wir für das Privileg bezahlen, auf dieser Erde leben und lieben zu können. Dass es sich immer wieder ungerecht und sinnlos anfühlen wird, wenn ein Mensch stirbt. Und die scheinbar einzige und gleichzeitig undenkbarste Antwort auf den Kummer das Loslassen, die Akzeptanz und die Dankbarkeit sind. Das Loslassen des Gefühls, für alles eine Antwort zu brauchen. Die Akzeptanz, dass es nicht für alles im Leben eine Erklärung gibt. Und die Dankbarkeit für die Zeit, die wir mit unseren Liebsten erleben durften.“ (CD 3, Track 14)

Louise Brown ist Trauerrednerin und erzählt in Was bleibt, wenn wir sterben von ihrer Arbeit – wie sie dazu kam, wie sie ihre Tätigkeit erlebt, was im Leben wichtig ist.

Brown arbeitete als Journalistin, als der Tod und die Trauer in ihr Leben traten, da ihre Mutter und ihr Vater kurz nacheinander verstarben. Und diese Ereignisse sorgten schließlich dafür, dass sie ihre Tätigkeit als Trauerrednerin aufnahm.

In ihrem Buch erzählt Brown von Sinnstiftung, Humor, Religion, Trauer, Schmerz, Freude, Wachhalten von Erinnerungen, Wohnungsauflösung, Anteilnahme, Vorbereitungen auf den eigenen Tod und Selbstbestimmung.

Das Hörbuch stand recht lange ungehört in meinem Regal, aber ich finde, für so ein Thema braucht es die passende Zeit und die richtige Muße. Und nun war es soweit, und ich habe das Hörbuch an einem einzigen Sonntag angehört.

Brown erzählt mit großer Leichtigkeit, was ich aufgrund des Themas für eine Meisterleistung halte, denn das Buch ist durchweg gefühlvoll und einfühlsam, wird aber nie pathetisch und ist weniger konfrontativ, als man das beim Thema Tod vermutlich erwarten würde. Brown regt zum Nachdenken an, ohne den Leser/Hörer mit zu viel Schwere ob der eigenen Vergänglichkeit zu erfüllen. Natürlich hat mich das Buch durchaus traurig gemacht, aber es hat mich auch hoffnungsvoll gestimmt.

Ich kenne selbst die Veränderungen, die der Tod eines geliebten Menschen anstoßen kann, und ich kann sagen, dass Trauer ein ungewöhnlich starker Motor für neue Lebenswege sein kann, und bei Brown erlebt man als Leser oder Hörer genau das: Sie hat wirklich ihre Bestimmung gefunden, und sie ist mit so viel Liebe und Leidenschaft am Thema Tod dran, dass man beim Lesen/Hören von Anfang an spürt, dass hier jemand einen Weg eingeschlagen hat, der sinnstiftend, passend, stimmig und richtig ist.

Ich muss zugeben, dass es mir anfangs schwer gefallen ist, dem Hörbuch zu lauschen. Mir hat die Stimme nicht so gut gefallen, und ich musste mich erst einhören. Andererseits bietet eine Autorinnenlesung natürlich immer besondere Einblicke in ein Buch, die ein anderer Sprecher nicht bieten kann, so dass ich die Sprecherinnenwahls durchaus nachvollziehen kann und begrüße.

Louise Brown: Was bleibt, wenn wir sterben. Erfahrungen einer Trauerrednerin. Gelesen von der Autorin. Diogenes, 2021; 22 Euro.

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