„Wahn ist ein ausgesprochen persönliches Erleben, das nur individuell erfassbar ist.“ (Seite V)
Rainer Tölle klärt initial, was Wahn überhaupt ist, was der Kranke im Wahn erlebt und wie er den Wahn erlebt. Im Anschluss stellt er Wahn bei verschiedenen Krankheitsbildern vor, z.B. bei wahnhafter Störung, Schizophrenie, depressiven Störungen und organischen Psychosen. Auch Folie à deux, Wahn im Alter und bei Kindern werden erwähnt.
Tölle befasst sich danach mit Phänomenen, die im Grenzbereich zum Wahn liegen, z.B. Traum oder emotional überwertete Vorstellungen.
Schließlich geht Tölle noch auf Diagnose, Entstehung, Behandlung, Wahn in der Literatur, philosophische und theologische Aspekte und geschichtliche Perspektiven ein.
Das Buch ist schon ein paar Jahre alt, und mittlerweile haben sich sowohl Terminologie als auch Behandlungsoptionen mehr oder weniger verändert. Trotzdem fand ich das Buch richtig gelungen, und ich habe trotz Vorerfahrung sehr viel dazugelernt.
Das Buch bietet – auch durch die Fallgeschichten – sehr intensive Einblicke, auch und vor allem für diejenigen, die noch keine oder kaum Erfahrungen mit Wahn haben.
Sehr gelungen fand ich die detaillierten Beschreibungen verschiedener Wahnthemen und die vielen Details aus dem Bereich der Psychopathologie und Differentialdiagnostik, die nicht nur spannend zu lesen waren, sondern mir auch bei meiner Tätigkeit in der Psychosenpsychotherapie weiterhelfen. Hier findet man viele Informationen, die man nicht schon aus anderen Büchern kennt und die ganz besondere Einblicke erlauben.
Die im Buch erwähnten Ätiologiemodelle entstammen meist der tiefenpsychologischen Betrachtungsweise, und obwohl ich verhaltenstherapeutisch arbeite, fand ich das sehr spannend und anregend.
Rainer Tölle: Wahn. Krankheit, Geschichte, Literatur. Schattauer, 2007, 256 Seiten; vergriffen (antiquarisch erhältlich).