„Traumatisierte Patientinnen und Patienten unterscheiden sich in einem Punkt deutlich von anderen Patientengruppen: Sie haben etwas erlebt, was sie dauerhaft verändert hat, und zwar in einer Umwelt, die sich oft genug wenig oder gar nicht vom Lebensumfeld der professionell Tätigen unterscheidet. […] Das, was diesen Menschen zugestoßen ist, könnte also auch uns zustoßen. Wie würden wir selbst reagieren? Könnten wir lernen, damit umzugehen? Was würde sich für uns und in uns verändern? Wie würde unser soziales Umfeld reagieren? In der Arbeit mit traumatisierten Menschen sind wir immer auch in Kontakt mit eigenen Ängsten und eigener Verwundbarkeit, mit unseren Grenzen und manchmal auch mit eigenen traumatischen Erfahrungen.“ (Seite 8f)
Jens Gräbener berichtet in seinem Buch über die wichtigsten Aspekte in der Arbeit mit mit Menschen mit Traumafolgestörungen.
Er thematisiert initial, was ein Trauma ist und was in einer traumatischen Situation geschieht. Danach geht er auf psychische Beeinträchtigungen als Folgen traumatischer Erlebnisse ein, setzt sich mit Traumabewältigung, professionellen Hilfen und professioneller Interaktion mit traumatisierten Patienten auseinander. Am Ende thematisiert er kurz den Umgang mit Verwundbarkeit.
Ich habe mich schon etwas ausführlicher mit Traumatisierung und Traumatherapie (Prolonged Exposure, IRRT, EMDR) befasst, so dass ich das Buch eigentlich als eine Wiederholung mir bekannter Inhalte gelesen habe. Tatsächlich habe ich aber auch noch dazugelernt, und mir hat von Anfang an der wertschätzende, entpathologisierende und entstigmatisierende Ton des Autors gefallen.
Gräbener betont, dass das Buch vor allem für Behandler geeignet ist, nicht explizit für Betroffene, die seiner Meinung nach von den (recht ausführlichen und gelungenen) Fallbeispielen getriggert werden könnten.
Der Autor schreibt sehr verständlich, fasst Inhalte knapp zusammen, geht aber trotzdem sowohl in die Breite und in die Tiefe.
Das Buch ist meiner Meinung nach eine sehr gute Einstiegslektüre für Neulinge in Sachen Traumatisierung und Traumatherapie, aber auch eine gute Wiederholung für erfahrenere Leser.
Jens Gräbener: Traumasensible Arbeit in der Psychiatrie. Psychiatrie Verlag, 2023, 160 Seiten; 22 Euro.