Die 22-jährige Sumire lebt in ihrer eigenen Welt: Sie will Schriftstellerin werden und pflegt ein chaotisches Dasein ohne jede Struktur, ohne Verpflichtung, ohne Bindung. Das weltfremde und romantisch verklärte Leben wird durch die Bekanntschaft mit der 17 Jahre älteren Geschäftsfrau Miu plötzlich beendet. Miu bietet Sumire einen Job an, und Sumire entwickelt zum ersten Mal in ihrem Leben tiefe Gefühle und verliebt sich in Miu. Der Ich-Erzähler ist seinerseits in Sumire verliebt. Eines Tages erhält er einen Anruf von Miu – Sumire ist spurlos verschwunden und Miu bitten ihn um Hilfe.
Haruki Murakamis Charaktere sind gut beschrieben und von gewohnter Tiefe und Glaubwürdigkeit. Sie befinden sich auf der Suche nach ihrer Identität und leben in einem Paralleluniversum – einem Leben in Einsamkeit, in emotionaler Leere und in Melancholie. Sie scheitern am Leben und in interpersonellen Beziehungen und haben ihren eigenen Weg noch nicht gefunden. Dies alles macht sie authentisch und lebensnah, obwohl Murakami immer wieder mit Realität und Fiktion spielt. Beinahe beiläufig vermischt er alltägliche Schilderungen mit phantastischen und surrealen Elementen und erzeugt so ein typisches Bild des Magischen Realismus.
Sputnik Sweetheart ist zwar nicht mein Lieblings-Murakami (das ist Mister Aufziehvogel), aber dennoch eine Lektüre, die mich mit ihren glaubwürdigen Protagonisten, den stimmig beschriebenen Emotionen und den verborgenen Geheimnissen mitreißen und begeistern konnte.
Haruki Murakami: Sputnik Sweetheart. Übersetzt von Ursula Gräfe. DuMont, 2016, 234 Seiten; 9,99 Euro.
Dieser Post ist Teil des Themas „Magischer Realismus“ im August 2017.