So nah und doch so fern. Mit depressiv erkrankten Menschen leben von Jeannette Bischkopf

„Versuchen Sie, Zuversicht zu gewinnen, sorgen Sie sich nicht um die Behandlung. Sie können die Depression nicht kurieren, das ist nicht Ihre Aufgabe und wird auch der depressive Angehörige in Ihrer Familie nicht von Ihnen erwarten. Sie sind die Ehefrau, der Ehemann, die Schwester, der Bruder, die Mutter des Kranken, nicht sein Arzt, Psychologe oder Sozialarbeiter.“ (Seite 43)

Jeannette Bischkopf erzählt in So nah und doch so fern von Diagnosestellung, Suche nach Informationen über Depression, Entwicklung einer depressiven Episode, Häufigkeit und Verlauf, Symptome, Suizidalität, finanzielle Sorgen, den konkreten Umgang mit Betroffenen (z.B. bezüglich sozialen Rückzugs, Kommunikation, pessimistischer Denkmuster, Sexualität), von Vorurteilen gegenüber der Psychiatrie, Stigmatisierung, Gefühlen wie Wut, Trauer, Schuld und Scham sowie Hilfsangeboten.

Ich bin Psychologin und arbeite psychotherapeutisch in einer psychiatrischen Klinik, und meine Patienten fragen mich häufig nach Büchern, die sie ihren Angehörigen empfehlen können, damit sich diese besser in eine depressive Episode eindenken und einfühlen, den depressiven Angehörigen besser verstehen können. Von nun an werde ich gerne So nah und doch so fern empfehlen, denn das Buch gibt Antworten auf die wichtigsten/häufigsten Fragen und zeigt, was beim Umgang mit depressiven Angehörigen wichtig ist.

So nah und doch so fern fasst die Thematik gut zusammen und vermittelt viel Wissen über depressive Episoden. Ich habe mich klinisch und wissenschaftlich schon ausgiebiger mit dem Thema beschäftigt, aber habe auch im privaten Umfeld Erfahrungen mit depressiven Störungen (was aufgrund der Häufigkeit von Depressionen keine Überraschung ist). Ich bin somit keine Einsteigerin ins Thema, kann aber recht gut überblicken, welche Fragen im Umgang mit Betroffenen immer wieder auftauchen und welche Aspekte relevant für Betroffene und Angehörige sind. All diese Punkte spricht Bischkopf an, und durch die verständlichen Beschreibungen und die vielen Fallgeschichten eignet sich das Buch hervorragend für interessierte Laien, Betroffene und Angehörige.

Besonders gelungen fand ich die vielen konkreten Tipps, wie man mit bestimmten Facetten und Themen umgeht. Damit bietet das Buch tatsächlich Hilfestellung für Angehörige und dadurch letztendlich auch für Betroffene.

Jeannette Bischkopf: So nah und doch so fern. Mit depressiv erkrankten Menschen leben. Psychiatrie Verlag, 2019, 192 Seiten; 17 Euro.

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