Schizophrenie. Die Krankheit verstehen, behandeln, bewältigen von Asmus Finzen

„Oft dauert es (zu) lange, bis psychotisches Erleben und Verhalten als Krankheit erkannt wird. Ebenso oft finden die Betroffenen erst spät angemessene Hilfe. Schließlich erweisen sich Vorurteile und Stigmatisierung als Behandlungshindernisse ersten Ranges. Alles dies macht es schwer, angemessen mit der Krankheit umzugehen – und, wenn sie anhält, mit ihr zu leben.“ (Seite 12)

Wie Asmus Finzen finde ich, dass die Schizophrenie „die schillerndste aller psychischen Störungen“ (Seite 11) ist, aber sie ist für mich (und für Finzen) auch mehr als das: Ich habe eine zutiefst persönliche und emotionale Beziehung zur Schizophrenie und gewissermaßen ein Herz für an Schizophrenie Erkrankte, eine echte Leidenschaft für die Erkrankung und unermessliche Energie, wenn es darum geht, über sie aufzuklären, sie zu entstigmatisieren und Betroffenen eine adäquate Behandlung zukommen zu lassen.

Ich habe mich schon sehr ausgiebig mit der Schizophrenie beschäftigt: als Wissenschaftlerin in der Hirnforschung, als Dozentin in universitärer Lehre, als Privatperson sowie in Zukunft hoffentlich als Psychotherapeutin für Menschen mit Schizophrenie. Trotz dieser intensiven Beschäftigung mit der Schizophrenie hat mir Finzen Wissen vermittelt, obgleich mir – selbstverständlich – viele seiner Ausführungen bereits geläufig und bekannt waren.

Finzen thematisiert z.B. Verlauf, Stigmatisierung, Symptomatik, Diagnostik, Ursachen und Anlässe, Behandlung, Recovery, Rückfallvermeidung, Therapieresistenz, Suizidalität, Gewalt und Zwangsmaßnahmen. Dabei sind seine Ausführungen stets verständlich geschrieben, so dass ihnen auch Laien problemlos folgen können.

Finzens Buch liest sich fast belletristisch, ist aber durchweg fundiert, gibt Sachverhalte akkurat wieder, ist detailliert, ohne überfrachtet zu sein. Dabei ist Finzen stets wertschätzend und respektvoll – man merkt, dass auch er eine persönliche Beziehung zur Schizophrenie hat.

Gelungen fand ich auch die vielen (persönlichen) Fallgeschichten, mit denen er z.B. den Weg in eine Schizophrenie anschaulich vermitteln kann, den schleichenden Verlauf, den Höhepunkt, die Symptome, die Angst und das Gefühl des Bedrohtseins spürbar und erlebbar macht.

Finzens Buch eignet sich meiner Meinung nach sehr gut für Betroffene und Angehörige, aber auch für interessierte Laien sowie für Experten in Sachen Schizophrenie, die auf wertschätzende Weise weitere Einblicke in die Schizophrenie erhalten möchten.

„Aber mit der Therapie ist es nicht getan, denn die Schizophrenie ist eine Krankheit, die den Kern der Persönlichkeit berührt und das psychosoziale Beziehungsgeflecht verändert. Unabhängig vom weiteren Verlauf muss das Psychoseerleben reflektiert und bewältigt werden. Und die Verwerfungen im sozialen Netzwerk müssen überwunden werden – in der Familie, im Freundeskreis, in Ausbildung und Beruf. Dabei bedarf der Genesende jenseits der Therapie auch der Unterstützung durch die Gemeinschaft der Gesunden.“ (Seite 27)

Asmus Finzen: Schizophrenie. Die Krankheit verstehen, behandeln, bewältigen. Psychiatrie Verlag, 2020, 253 Seiten; 20 Euro.

3 Gedanken zu „Schizophrenie. Die Krankheit verstehen, behandeln, bewältigen von Asmus Finzen“

  1. Vielen Dank für das Vorstellen dieses Buches, das offensichtlich in für Laien verständlicher Weise eine psychische Erkrankung darstellt, die tatsächlich für Nicht-Betroffene nur schwer zu „verstehen“ ist. Entstigmatisierung ist – für alle psychischen Leiden – ein ganz wichtiges Thema. Damit die vermeintlich eigene Verantwortung für die Krankheit von den Betroffenen weggerückt wird.
    Viele Grüße, Claudia

    1. Liebe Claudia,

      danke für deinen Kommentar. Ich sehe das genauso, und deshalb finde ich es auch so wichtig, auch hier solche Bücher vorzustellen. Asmus Finzen nennt das Stigma „die 2. Krankheit“, und ich finde, er hat da vollkommen recht.

      Liebe Grüße,
      Romy

Dazu hab ich auch was zu sagen!