Der Band beinhaltet sieben Erzählungen Anton Čechovs (Eine langweilige Geschichte, Flattergeist, Krankenzimmer Nr. 6, Der Student, Herzchen, Die Dame mit dem Hündchen, Die Braut) sowie ein Nachwort von W. Somerset Maugham und einen Anhang mit Anmerkungen zur Transkription und zu russischen Namen, Wörtern, Feiertagen etc.
Čechov erzählt nicht vom russischen Adel und beschreibt Emotionen nicht auf blumige oder leidenschaftliche Art und Weise. Er fokussiert vielmehr auf den „einfachen“ Russen, der von Nöten und Sorgen geplagt ist, der oft in Armut lebt, der um seinen Lebensunterhalt kämpfen muss.
Damit fehlt ihm beispielsweise das Opulente, das man von Lew Nikolajewitsch Tolstoi kennt. Für mich war es anfangs schwierig, mich auf Čechov einzulassen, denn ich mag gerade die Leidenschaft und die überwältigenden Gefühlsschilderungen von Tolstoi. Čechov ist ein Meister der leisen Töne, seine Protagonisten leiden stiller, doch damit nicht weniger. Sie zweifeln und bangen, sie lieben und sie verlieren, doch weniger theatralisch. Einzig die letzte Erzählung des Bandes (Die Braut) lebt von den heftigen Gefühlsäußerungen der Protagonistin und ihrer verzweifelten Suche nach dem richtigen Weg.
Als sehr spannend und überaus hilfreich habe ich das Nachwort mit der Erläuterung des biografischen Hintergrunds Čechovs empfunden. Ich kann jedem nur empfehlen, dies VOR den eigentlichen Erzählungen zu lesen (was ich leider nicht getan habe), denn dies unterstützt den Leser, die Geschichten im richtigen Kontext zu sehen und ausreichend zu würdigen und zu verstehen.
Anton Čechov: Meistererzählungen. Diogenes Verlag, 2000, 270 Seiten; 12 Euro.
Dieser Post ist Teil des Russland-Themas im November 2017.