„Als ich den Palast meines Vaters verließ, hatte ich die Insel im Gegenteil als den Inbegriff einer unbändigen, Schwindel erregenden Freiheit empfunden.“ (CD 1, Track 112)
Circe ist die Tochter des griechischen Sonnengottes Helios und der Okeanide Perse. Sie ist anders als ihre Geschwister, wird wegen ihrer allzu menschlich anmutenden Stimme gehänselt und fühlt sich ausgeschlossen.
Circe ist fasziniert von den Sterblichen, verliebt sich eines Tages in den Fischer Glaukos und verwandelt ihn in einen Gott. Doch der Meeresgott Glaukos entscheidet sich nicht für Circe, sondern verliebt sich in die intrigante Nymphe Scylla.
Circe verzaubert Scylla daraufhin mit einem Kraut, das die wahre Natur eines jeden offenbart und das Scylla in ein Meeresungeheuer mit dem Oberkörper einer jungen Frau und einem Unterleib aus sechs Hunden verwandelt.
Zur Strafe wird Circe auf die Insel Aiaia verbannt, wo sie zwar meist in Einsamkeit lebt, doch sich frei entfalten und ihre Zauberkunst perfektionieren kann.
Schon als Kind mochte ich die Geschichten der griechischen Mythologie, und deshalb habe ich mich besonders auf Circe gefreut, da ich eine unterhaltsame und moderne Nacherzählung der Geschichte um Circe erwartet hatte. Und genau das habe ich auch bekommen: Das Hörbuch zu Circe macht Spaß und vermittelt auf verständliche Weise viele Informationen über griechische Mythologie, auch wenn Madeline Miller sich bisweilen (kleinere) künstlerische Freiheiten herausgenommen hat und ich auch einige Kritikpunkte am Roman habe.
Sprachlich empfand ich Circe anfangs oft als etwas zu schwülstig, und auch die Lesung durch Ann Vielhaben fand ich zu Beginn weniger gelungen, zu theatralisch und unpassend betont. Trotzdem habe ich weiter gehört, denn die Geschichte an sich empfand ich als spannend und lehrreich.
Letztendlich fand ich den Roman aber viel zu lang, ich hatte das Gefühl, er nimmt und nimmt kein Ende, so dass ich es bisweilen schwierig fand, dem Roman weiter zu folgen. Nach dem Fertighören habe ich sogar bemerkt, dass die Lesung gekürzt ist, was mir fast einen Schauer über den Rücken laufen ließ: Wie viel langatmiger ist dann das Buch, wenn schon ein gekürztes Hörbuch das Gefühl vermittelt, hier hätte die Geschichte deutlich gestrafft werden sollen?
Aber trotzdem: Circe hat mich über Wochen begleitet und mich mitgenommen in die griechische Mythologie, was mir insgesamt gefallen hat. Das Lied des Achill werde ich trotzdem nicht lesen/hören, weil ich vermute, dass die Geschichte ähnlich weitschweifig ist.
Madeline Miller: Ich bin Circe. Aus dem Amerikanischen von Frauke Brodd. Gekürzte Lesung mit Ann Vielhaben. Random House Audio, 2019; 24 Euro.
Dieser Post ist Teil des Griechenland-Monatsthemas im Mai 2021.
„Circe“ ist der etwas bessere Roman in der Breite, „Achill“ in der Spitze. Das mit der Länge ist mE ein Problem fast aller Zeitgenössischer Literatur, und „E“-Verlage verlangen das teils ja auch von ihren nicht-Star-Autoren. Viele Kunden sehen Literatur wohl wie Schinken und zahlen für 100g nicht das gleiche wie für 500g.
In „Achill“ ist übrigens Patroklos der Erzähler, du kannst dir vorstellen, dass das zum Schluss hin zu ernsthaften Problemen führt 😉