Großstadt Wildnis. Auf Tiersafari in unseren Städten von Sven Meurs

„Inzwischen leben, zumindest in Berlin, deutlich mehr Füchse im Stadtgebiet als auf gleicher Fläche im Wald. Selbst Insekten haben in der Stadt eine bessere Überlebenschance als auf intensiv genutzten, mit Pflanzenschutzmitteln belasteten Agrarflächen. In keiner anderen Metropole Deutschlands gibt es derart viele Wildschweine. Auch Steinmarder, Waschbären und Biber sind inzwischen fester Bestandteil der ‚Stadtvielfalt‘. Immer öfter gibt es Meldungen von Wildtieren, die in Parkanlagen, Gärten, Kleingärten und sogar auf großen Plätzen in der Stadt beobachtet wurden. Die Tiere scheinen sich an das Leben der Menschen angepasst und als sogenannte Kulturfolger die Vorzüge der Großstadt für sich entdeckt zu haben. Stadtmenschen werden in der Regel erst auf die Tiere aufmerksam, wenn sie auffällig werden, gefährlich scheinen oder Ärger machen.“ (Seite 7)

Sven Meurs erzählt in seinem Buch Großstadt Wildnis von Steinkäuzen in Frankfurt/Main, Feldhasen in Stuttgart, Schwalbenschwänzen im Ruhrgebiet, Füchsen in Köln, Nutrias in Neuss, Waschbären in Kassel, Halsbandsittichen in Heidelberg, Eisvögeln in Düsseldorf, Waldohreulen in Hamburg, Igeln in Wuppertal, Bibern in München, Störchen in Münster, Wildschweinen in Berlin u.v.m.

Dabei berichtet er von seinen – unglaublich geduldigen – Versuchen, die Tiere vor die Linse zu bekommen, erwähnt Foto-Hotspots, interviewt Experten für bestimmte Tierarten, zählt Besonderheiten der Tiere auf und setzt sich mit Problemen am jeweiligen Ort auseinander.

Ich bin in ländlicher Umgebung aufgewachsen, doch meinen allerersten freilebenden Fuchs habe ich an Berliner Bahngleisen innerhalb des S-Bahn-Rings, also sehr zentral, gesehen. Außerdem besucht uns täglich eine Nebelkrähe, setzt sich auf unseren Balkon und schaut mit schiefgelegtem Kopf durch unsere Fenster, und aus meiner Heidelberger Zeit sind mir die im Buch erwähnten Sittiche sehr geläufig, die ich oft in Bäumen entdeckt oder beim Fliegen beobachtet habe. Ich bin also selbst eine Zeugin der Großstadtwildnis, und aus diesem Grunde war ich sehr gespannt auf Meurs‘ Buch, und nach der Lektüre kann ich es jedem, der sich für Tiere interessiert, nur empfehlen.

Die Fotografien im Buch sind wunderbar, und oft musste ich wegen der niedlichen, ungewöhnlichen, spektakulären Fotos kichern, und immer wieder habe ich gestaunt, welche Tiere wo leben, wie sie ihre Vorteile aus dem Leben in der Stadt ziehen, wie sie sich angepasst und an den Menschen gewöhnt haben. Und auch über den Fotografen und Autor kann man nur staunen, wie viel Geduld er aufbringt und mit wie viel Beharrungsvermögen er ans Werk geht, bis er endlich das gewünschte Bild im Kasten hat.

Sehr gelungen sind auch die Illustrationen von Jörg Hülsmann, die die jeweiligen Kapitel einleiten, indem sie typische Landmarks und typische Tiere in einer bestimmten Stadt abbilden.

Großstadt Wildnis ist ein wunderbares und faszinierendes Buch und ein echter Augenöffner für den Gang durch die Großstadt, wo man mit etwas Glück und Geduld die ungewöhnlichsten Tiere entdecken kann.

Sven Meurs: Großstadt Wildnis. Auf Tiersafari in unseren Städten. Mit Illustrationen von Jörg Hülsmann. Knesebeck, 2019, 192 Seiten; 30 Euro.

Dazu hab ich auch was zu sagen!