Der in seinem Dorf eher unbeliebte Pawel Aleksandrowitsch Dobrynin wurde zum Volkskontrolleur des gesamten Landes gewählt. Der neue Posten erfordert es, das ihm bekannte Dorf für einige Zeit zu verlassen, seine Familie zurück zu lassen und sich auf eine Reise durch die Sowjetunion zu begeben.
Neben der Geschichte um Pawel erfährt der Leser von einem Engel, der den Himmel verlassen hat, um zu untersuchen, ob es in Russland tatsächlich keine rechtschaffenen Menschen mehr gibt, von dem Schuldirektor Wasilij Wasiljewitsch Banow, der abends mit großer Begeisterung auf dem Schuldach sitzt und in die Ferne schaut, sowie von dem Künstler Mark Iwanow und seinem Gedichte rezitierenden Papagei Kusma.
Andrej Kurkow macht die Lektüre seines Buches nicht besonders leicht: Seine Sätze sind lang, die Erzählweise ist ausschweifend, metaphorisch und phantasievoll. Dadurch wirkt das Buch allerdings sehr authentisch und unverwechselbar russisch. Die vier verschiedenen Handlungsstränge sorgen dabei für viel Abwechslung, so dass beim Lesen nie Langeweile aufkommt.
Im gesamten Buch finden sich zudem Anspielungen auf das zaristische Russland und die Sowjetunion, auf Planwirtschaft und kommunistische Realität. Wer eine besondere Affinität zu Russland/zur Sowjetunion hat, kommt hier meiner Meinung nach ganz auf seine Kosten, wird viel von der „russischen Seele“ erfahren, einiges über das Land und seine Menschen lernen.
Der wahrhaftige Volkskontrolleur ist keine ganz einfache Lektüre, doch wenn man sich auf Kurkow einlässt, wird man mit skurrilen Charakteren, unterhaltsamen, satirischen, phantasie- und humorvollen Geschichten, Einblicken in die russische/sowjetische Kultur und Mentalität sowie zahlreichen Anspielungen auf das Leben in der UdSSR belohnt.
Andrej Kurkow: Der wahrhaftige Volkskontrolleur. Übersetzt von Kerstin Monschein. Haymon, 2011, 432 Seiten; 22,90 Euro.
Dieser Post ist Teil des Russland-Themas im November 2017.