„ist wirklich eine irrsinnig nette Person“ (Track 12)
Im Berliner Vorort Fischbach ist die Welt noch in Ordnung. Hier leben Familien, die aus der Großstadt in die Idylle gekommen sind, wo sie ein Leben ohne Sorgen und mit viel Sicherheit führen.
Hier eröffnet der sogenannte Honigmann ein kleines Lädchen, in dem er Honig aus Rumänien, Tee und Dekoartikel verkauft. Er wird von allen geschätzt, seine Waren sind ein heißbegehrtes Mitbringsel.
Doch dann kommt ein Brief in Fischbach an, der Ungeheuerliches über den Honigmann beinhaltet, die perfekte Mittelschichtwelt gerät ins Schwanken, die Stimmung kippt, und bald ist nichts mehr, wie es vorher war.
Der Honigmann wurde auf sehr angenehme Weise von Markus J. Bachmann, Oliver Kube und Eva Becker eingelesen, wird packend erzählt, und die Personen und Szenerien empfand ich als sehr authentisch beschrieben.
Ich hatte beim Lesen alles vor Augen: die gutbürgerlichen Bewohner Fischbachs, die im Berliner Speckgürtel ihr perfektes Leben leben, den kleinen Laden des Honigmanns, die aufgebrachten Bewohner, deren Idyll vor dem Aus steht. Ich konnte mich in diesen Mikrokosmos der Besserverdiener sehr gut eindenken und einfühlen, fand aber keine der Figuren sonderlich sympathisch, sondern eher unangenehm, was ich aber überhaupt nicht als störend empfand.
Was mir besonders gut gefallen hat, ist, dass Peter Huth das Leben und Herausforderungen im Leben in großer Komplexität abbildet. Beim Hören kann man sowohl Argumente als auch Gegenargumente für das Verhalten der Figuren finden, dabei keine klare Position einnehmen. Zumindest ging es mir so, dass ich Verständnis und Unverständnis für alle Parteien gezeigt habe, und gelungen fand ich dabei auch, dass Huth einiges offen lässt.
Peter Huth: Der Honigmann. Ungekürzte Lesung von Markus J. Bachmann, Oliver Kube und Eva Becker. Argon, 2024; 20,95 Euro.