„Brocéliande! Welch überaus kostbare Erinnerung in einem einzigen Wort! Das gesamte mittelalterliche Europa sprach es nur mit tiefster Verehrung aus. Das letzte verbliebene Feenreich. Genau hier spielen sich einige der wundervollsten Schöpfungen der Fantasie ab, die je die Herzen der Menschen bewegt haben.“ (Seite 10)
Kommissar Dupin schuldet seinem alten Pariser Polizeifreund Jean Odinot einen Gefallen und soll ihm bei einem ungeklärten Fall helfen, wofür Dupin in den Forêt de Brocéliande reist, in den größten Wald der Bretagne, der durch König Artus und seine Tafelrunde berühmt geworden ist.
Da ein Betriebsausflug mit seinem Team längst überfällig war, verbindet Dupin die dienstliche Reise mit einem kleinen Ausflug mit Kollegen. Doch statt sich zu entspannen und Legenden über Artus und den Heiligen Gral zu lauschen, wird Dupin gleich nach der Ankunft im beschaulichen Dorf Tréhorenteuc im Val sans retour in einen Fall verwickelt: Als er im Auftrag Odinots das Haus des Artus-Forschers Fabien Cadiou aufsucht, um diesen wegen des Todes seines Freundes Gustave Laurent, einem Pariser Historiker, der während eines Forschungsaufenthalts an einem Herzinfarkt gestorben ist, zu befragen, findet er die Leiche Cadious.
Dupin befürchtet, dass er nun in Schwierigkeiten steckt, denn es gab für ihn keinen offiziellen Grund, Cadiou zu besuchen. Doch Dupins Schwierigkeiten werden noch größer als erwartet, denn Odinot erklärt ihn kurzerhand zum Sonderermittler der Pariser Polizei und zum Leiter der Ermittlungen, so dass sich Dupin mit dem Fall beschäftigen muss, obwohl er eigentlich nur schöne Tage im Forêt de Brocéliande genießen und dann seine Umzugskisten in der ersten gemeinsamen Wohnung mit Claire auspacken möchte.
Die ganze Angelegenheit wird noch mysteriöser, als eine weitere Leiche im Wald gefunden wird: die von Paul Picard, einem Pariser Professor, einem Mittelalterspezialisten und Archäologen, der für eine Konferenz zu den neuesten Erkenntnissen der Artus-Forschung in den Forêt de Brocéliande angereist ist.
Sind die anderen drei Wissenschaftler und zwei Wissenschaftlerinnen, die bereits im Schloss von Comper auf Cadiou und Picard warten, auch in Gefahr, oder geht die Gefahr vielmehr von einem von ihnen aus? Zumindest hätte jeder von ihnen ein Mordmotiv, aber genauso gut einen Grund, im Fokus des Mörders zu stehen…
Ich kenne die sechs Vorgänger von Bretonische Geheimnisse und finde es auch beim siebten Band erstaunlich, dass der neue Fall ganz anders als die vorherigen ist, dass es Jean-Luc Bannalec (das Pseudonym eines Autors, der in Deutschland und im südlichen Finistère zu Hause ist) jedoch gleichzeitig gelingt, dass seine Geschichte absoluten Wiedererkennungswert hat.
Mit jedem neuen Buch der Reihe betritt man als Leser eine neue Region der Bretagne, und ein neues Thema steht im Fokus, mal erfährt man mehr über die Glénan-Inseln, mal reist man mit Dupin an die Côte de Granit Rose und mal begleitet man ihn zu den Salzgärten auf der Guérande-Halbinsel. So lernt man nach und nach immer mehr Regionen und Aspekte der Bretagne kennen, was nicht nur spannend ist, sondern auch Fernweh wecken, bei der Reiseplanung helfen oder Erinnerungen an Bretagne-Aufenthalte auffrischen kann.
Im siebten Band der Reihe dreht sich alles um die Artus-Sage, und passend zum Thema und zum Handlungsort, dem Forêt de Brocéliande, ist Bretonische Geheimnisse eher düster, sehr mystisch und mysteriös.
Wie immer möchte man sich beim Lesen gleich auf den Weg machen, zumal ich Wälder liebe und als Kind von der Artus-Sage fasziniert war.
Zugegeben: Vor allem am Anfang waren mir die vielen Artus-Bezüge eher zu viel, doch im Verlauf wird das Buch ähnlich spannend wie die Vorgänger und zeichnet sich durch eine gelungene Mischung aus Kriminalfall, Lokalkolorit, Legenden und Sagen sowie persönlichen Erlebnissen von Dupin und seinem Team aus.
Ich bin gespannt auf den achten Fall und freue mich darauf, irgendwann vor Ort zu sein und mir all die Handlungsplätze der Reihe mit eigenen Augen anzuschauen.
Dies sind die bisher erschienen Bände um Kommissar Dupin:
Band 1: Bretonische Verhältnisse
Band 2: Bretonische Brandung
Band 3: Bretonisches Gold
Band 4: Bretonischer Stolz
Band 5: Bretonische Flut
Band 6: Bretonisches Leuchten
Band 7: Bretonische Geheimnisse
Jean-Luc Bannalec: Bretonische Geheimnisse. Kommissar Dupins siebter Fall. Kiepenheuer & Witsch, 2018, 400 Seiten; 16 Euro.