
„Das Angebot von Zärtlichkeit fühlt sich manchmal schon wie der bloße Beweis dafür an, dass man zerstört wurde.“ (Track 75)
Der Ich-Erzähler Little Dog schreibt einen Brief an seine Mutter, die Analphabetin ist und kaum Englisch spricht, den Brief also nie lesen kann.
Little Dog erzählt von seiner Kindheit als Sohn vietnamesischer Einwanderer in den USA, berichtet von seiner Mutter Rose, die in einem Nagelstudio arbeitet, von ihrer schwierigen Vergangenheit in Vietnam und ihrer komplexen Persönlichkeit.
Er schildert zudem das Leben seiner Großmutter Lan, die während des Vietnamkriegs eine Beziehung mit einem amerikanischen Soldaten hatte, schwanger wurde und eine Tochter (Rose) bekam.
Little Dog beschreibt Szenen häuslicher Gewalt, die er durch die Hand seiner Mutter erleidet, aber berichtet auch von ihrer Verletzlichkeit und ihrer gelegentlichen Zärtlichkeit.
Der Ich-Erzähler berichtet in seinem Brief von seiner Isolation in der Schule, von Rassismus und Ausgrenzung, von ersten sexuellen Erfahrungen mit einem amerikanischen Jungen, erzählt von Drogen, Gewalt, Liebe, Nähe, Drogen, Verlust, Opioid-Krise und Tod.
Der Einstieg ins Hörbuch fiel mir nicht leicht, ich bin nicht recht in die Geschichte hineingekommen und beim Hören anfangs immer wieder mit meinen Gedanken abgeschweift.
Im Verlauf empfand ich das Hörbuch jedoch als sehr gelungen, als exzellent und eindringlich eingelesen, als fesselnd und berührend.
Mich hat der Roman im Verlauf eiskalt erwischt und begeistert, auch wenn ich zu Beginn dachte, dass der Funke nicht recht überspringt.
Ocean Vuong: Auf Erden sind wir kurz grandios. Übersetzung von Anne-Kristin Mittag. Ungekürzte Lesung von Julian Horeyseck. Hörbuch Hamburg, 2025.