>“Das Wichtigste ist der Plan. Wer ohne Plan ein Verbrechen begeht, ist ein Idiot“ sagte er und schaute dabei mich an.< (Seite 51)
Der Ich-Erzähler ist ein Meister seines Fachs: ein geschickter Taschendieb, für den kein Geldbeutel unerreichbar ist. Er hat klare Prinzipien: Er nimmt nur von den Reichen, wendet keine Gewalt an, teilt das gestohlene Geld oft mit Bedürftigen und operiert allein.
Er hatte Tokio nach einem ausgeführten Auftrag des Yakuza Kizaki verlassen, für den er zusammen mit seinem Freund und Partner Ishikawa und anderen Beteiligten in das Haus eines reichen Mannes eingebrochen ist, um Geld und Papiere zu stehlen. Augenscheinlich ging bei diesem Auftrag alles seine geregelte Bahn, doch Ishikawa erkannte die Gefahr und wollte mit dem Ich-Erzähler Tokio verlassen. Am nächsten Morgen tauchte Ishikawa jedoch nicht am vereinbarten Treffpunkt auf und ist seitdem spurlos verschwunden.
Als der Ich-Erzähler nach Tokio zurückkehrt, holt ihn die Vergangenheit wieder ein, und er gerät erneut in die Fänge Kizakis.
Obwohl der Roman von Fuminori Nakamura sehr spannend beginnt, weil man den Ich-Erzähler bei seinen Taschendiebstählen begleitet und so Einblicke in seine Geschicklichkeit und Fingerfertigkeit erhält, hat es etwas mehr als 50 Seiten (also ein Viertel des knappen Buches) gedauert, bis ich mich wirklich in die Geschichte eingedacht und eingefühlt habe. Ab diesem Zeitpunkt war allerdings ein Point of no return erreicht, an dem ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte und die restlichen 150 Seiten atemlos und ohne Unterbrechung gelesen habe.
Der Dieb ist sehr dicht und in klarer Sprache geschrieben. Der Roman liest sich dadurch und durch den fesselnden Inhalt in wenigen Stunden. Es ist jedoch kein unbeschwerter Roman, und obwohl er eher leicht und harmlos beginnt, zieht er den Leser bald in eine düstere und trostlose Welt, in der sich Mütter prostituieren, Kinder geschlagen werden und durch Diebstähle Geld verdienen müssen und Yakuza (oft wahllos) über Leben und Tod entscheiden.
Nach der Lektüre kann ich sagen, dass mich Der Dieb zwar nicht restlos begeistern konnte, dass ich Nakamura aber auf jedem Fall im Auge behalten werde. Im Februar 2018 ist mit Die Maske ein zweites Buch des Autors bei Diogenes erschienen, auf das ich schon sehr gespannt bin.
Fuminori Nakamura: Der Dieb. Aus dem Japanischen von Thomas Eggenberg. Diogenes, 2017, 224 Seiten; 12 Euro.
Dieser Post ist Teil des Japan-Themas im April 2018.