„Hier am Weinheimer Marktplatz sammeln sich im Sommer Touristen und Einheimische, um unter japanischen Schnurbäumen Eis zu essen, Wein zu trinken und den lauen Abend in heiterer Gesellschaft zu verbringen.“ (Seite 12)
Franziska und Nina haben früher die Parallelklassen desselben Gymnasiums besucht, aber erst später sind die beiden Freundinnen geworden. Nun leben sie im gleichen Fachwerkhaus am Weinheimer Marktplatz.
Eines Tages gründen die beiden Freundinnen mit vier anderen Frauen den Klub der Spinnerinnen, treffen sich etwa alle 2 Wochen bei einer der Klubschwestern, quatschen über ihre Macken, tratschen, reden über Kindheit und Jugend, sprechen über Berufsleben und über Männer.
Dann kommt es zu einer Begegnung, die nicht nur Ninas Leben verändert, sondern auch die Gemeinschaft der Klubschwestern auf die Probe stellt.
Ich kenne Weinheim sehr gut, habe 18 Jahre lang sehr nah an dem Städtchen gelebt, liebe den Weinheimer Marktplatz, saß dort sehr oft bei einem Flammkuchen. Unzählige Male bin ich im Schlosspark und im Hermannshof spazieren gegangen, habe das Gerberviertel in unmittelbarer Nähe des Marktplatzes durchstreift, kenne die berühmte Zeder und den Seerosenteich. Für mich war Tea Time nicht nur ein virtueller Spaziergang durch Weinheim, der viele Erinnerungen geweckt und mir große Lust auf einen Weinheim-Besuch gemacht hat, sondern ich konnte mir die Szenerie natürlich auch perfekt vorstellen, weil ich dort so oft unterwegs war.
Die Handlungsorte des Buches fand ich somit ganz wunderbar, aber die Story selbst hat mich nicht richtig gepackt. Zwar liest sich der Roman unterhaltsam und flott, aber so ganz ist der Funke nicht übergesprungen.
Wie immer bei Noll fand ich auch hier die Figuren, vor allem die weiblichen, sonderbar alterslos. Die Frauen wirken bei Ingrid Noll meiner Meinung nach oft ziemlich altbacken, und irgendwann bekommt der Leser zwar einen Anhaltspunkt für Ninas Alter – es hätten aber auch locker 30 Jahre mehr sein können.
Sprachlich fand ich Tea Time bisweilen etwas zu flapsig, was für mich nicht ganz stimmig war und meiner Meinung nach nicht recht zu Noll passt.
Nichtsdestotrotz: Unterhaltsam und stimmungsvoll.
Ingrid Noll: Tea Time. Diogenes Verlag, 2022, 320 Seiten; 25 Euro.