>>“Was machen Sie gerade?“
„Ich lese ein Buch.“
„Was soll das denn? Warum hören Sie nicht Radio? Lesen macht einsam. Oder nicht?“<< (Seite 57)
Wenn der Wind singt spielt im August 1970. Der namenlose, 21-jährige Ich-Erzähler und sein Freund „Ratte“ verbringen den ganzen Sommer in Jays Bar, trinken Bier, essen Erdnüsse.
Als der Ich-Erzähler eine Frau mit vier Fingern an der linken Hand kennenlernt, wird die Langeweile, die er in seiner Heimatstadt empfindet, kurzfristig durchbrochen.
Drei Jahre später setzt die Handlung von Pinball 1973 ein, in der der Ich-Erzähler wieder auf Ratte trifft und diesmal eine besondere Begeisterung fürs Flippern entwickelt.
Haruki Murakami zählt zu meinen Lieblingsautoren, und ich liebe sowohl ältere Romane des japanischen Schriftstellers, z.B. Mister Aufziehvogel, als auch die beiden Die Ermordung des Commendatore-Bände (Band 1, Band 2), die 2018 bei DuMont erschienen. Umso gespannter war ich auf die ersten beiden Romane des Autors, von denen Murakami selbst lange nicht wollte, dass sie außerhalb Japans erscheinen.
Um es ganz kurz zu machen: Mir haben die beiden Romane nicht gefallen, wobei ich Wenn der Wind singt etwas besser fand als Pinball 1973, dem ich wirklich gar nichts abgewinnen konnte.
Dabei fing das Buch so vielversprechend an, denn Murakami selbst erklärt in einem Vorwort, wie er zum Schreiben kam, was ich als sehr erhellend, faszinierend und sympathisch empfunden habe.
Auf mich wirkten die beiden Romane sehr zerfahren und wenig stringent. Man merkt beim Lesen deutlich, dass Murakami seinen Stil noch verfeinern konnte und musste, dass er nach seinem Frühwerk noch viel dazugelernt hat.
Trotz aller Kritik hält man mit den beiden frühen Romanen ganz klar Murakami-Bücher mit Wiedererkennungswert in den Händen, denn man findet hier bereits Ansätze von magisch-realistischen Elementen, die Sprache ist gewohnt eingängig und dennoch gewählt, und es gibt schon die typischen Murakami-„Accessoires“ wie Brunnen, Spaghetti, mysteriöse Anrufe von Frauen, Schallplatten und die Beatles.
Nur eine wirkliche Handlung, die geradlinig erzählt wird und fesselt, die gibt es – ganz im Gegensatz zu seinen späteren Werken – in Wenn der Wind singt und Pinball 1973 nicht.
Haruki Murakami: Wenn der Wind singt / Pinball 1973. Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe. btb, 2018, 266 Seiten; 10 Euro.