„Es ist für die Therapieplanung generell günstig, wenn man frühzeitig auch die Möglichkeit eines schwierigen Verlaufs oder einer fehlenden Therapieresponse in Betracht zieht, weil sich Therapien dann ggf. nicht unnötig in die Länge ziehen.“ (Seite 33)
Gitta Jacob hat für ihre Therapie-Tools Schwierige Therapieverläufe problematische Faktoren analysiert (z.B. Risikofaktoren für Therapie-Nonresponse, Verbitterung, Narzissmus, primärer und sekundärer Krankheitsgewinn), befasst sich im Anschluss mit der Konfrontation problematischer Muster, gibt Empfehlungen für Situationen, in denen Psychotherapie nicht funktioniert, und für die Beendigung der Psychotherapie sowie bietet Informationen zu Training und Selbsterfahrung.
Meine Prämisse ist, dass man womöglich nicht jedem Patienten helfen kann, dass es aber wichtig ist, zumindest einen Versuch zu starten, da sonst Betroffene mit bestimmten Diagnosen und Konstellationen automatisch auf der Strecke bleiben, was meiner Meinung nach soundso schon ein Problem in der ambulanten Versorgung ist.
Aus diesem Blickwinkel finde ich die Ausführungen im Buch teilweise etwas schwierig, denn man kann das Buch unter Umständen so lesen, dass man bestimmten Patienten gar keine Chance gibt oder dass man Nonresponse nur dem Patienten und nicht sich selbst (zumindest teilweise) zuschreibt.
Natürlich ist es für die Psychohygiene von Behandlern wichtig, rechtzeitig den Absprung zu schaffen, sich für Misserfolge nicht zu geißeln, herausforderndes Verhalten von Patienten nicht persönlich zu nehmen etc. Dennoch finde ich, man sollte es sich als Therapeut auch nicht allzu einfach machen und Misserfolge nicht nur als logische Konsequenz aus Diagnosen und Red Flags sehen, denn damit sind sich selbst erfüllenden Prophezeiungen Tür und Tor geöffnet.
Meiner Meinung nach kann man das Buch aber auch als Handlungsempfehlung für schwierige Situationen lesen, und für diesen Zweck empfehle ich das Buch sehr, denn es bietet spannende und hilfreiche Impulse, z.B. recht detailliert beschriebene Stuhldialoge.
Ich fand das Buch sehr umfangreich und hilfreich, da wichtige Aspekte beleuchtet wurden, die gerade Anfängern eine gute Unterstützung bieten können. Gefallen hat mir auch, dass die Inhalte sehr übersichtlich und verständlich zusammengefasst wurden und die Info- und Arbeitsblätter sehr praxisnah und zeiteffizient sind. Auch die Impulse für herausfordernde Interaktionen empfand ich sehr hilfreich.
Wichtig ist mir trotzdem, dass man sich bei der therapeutischen Arbeit nicht automatisch von Risikofaktoren und Red Flags abschrecken lässt.
Gitta Jacob: Therapie-Tools Schwierige Therapieverläufe. Nonresponse, Widerstand, mangelnder Therapieerfolg. Beltz, 2023, 120 Seiten; 40 Euro.