Nachtzug nach Lissabon von Pascal Mercier

Raimund Gregorius, gewissenhafter und diensteifriger Lehrer für Griechisch, Latein und Hebräisch an einem Berner Gymnasium, bemerkt auf dem Weg zur Arbeit eines Morgens eine Frau auf einer Brücke, die sich möglicherweise suizidieren möchte.

Jene Frau schreibt Gregorius eine Telefonnummer auf die Stirn, begleitet ihn dann in die Schule und verschwindet schließlich wieder aus seinem Leben.

Die Begegnung mit der geheimnisvollen Frau, von der Gregorius keinen Namen, jedoch die Nationalität kennt, sowie ein Buch des Portugiesen Amadeu de Prado, das er von einem Buchhändler geschenkt bekommen hat, verändern sein Leben: Der einst vorbildliche und verantwortungsbewusste Gregorius verlässt spontan die Stadt und macht sich auf den Weg nach Lissabon.

Pascal Merciers Roman ist ein sprachlich anspruchsvolles Buch mit oft langen Schachtelsätzen und philosophischen Betrachtungen über das Leben. Dieser Aspekt des Buches hat mir sehr gut gefallen.

Weniger gut haben mir die unrealistischen Schilderungen gefallen: ein Mann, der von jetzt auf nachher sein beschauliches Leben hinter sich lässt, weil er eine Frau auf einer Brücke gesehen und ein Buch von einem portugiesischen Autor in die Hände bekommen hat? Eine Frau, die einem fremden Mann eine Telefonnummer auf die Stirn schreibt? Ein Mann, der nach kürzester Zeit eine ihm zuvor unbekannte Sprache spricht (Das lässt sich meiner Meinung nach auch nicht durch die Tatsache erklären, dass der Mann Philologe ist und mehrere Sprachen spricht)?

Ein anspruchsvoller Sprachstil und philosophische Betrachtungen machen meiner Meinung nach noch kein gutes Buch aus, solange der Inhalt so unnachvollziehbar und unrealistisch bleibt. Ich bin mit Merciers Roman, den ich bereits vor vielen Jahren gelesen habe, leider nicht recht warm geworden, und ich frage mich, ob ich heute vielleicht besser Zugang zu diesem Roman finden würde, denn manchmal ist es einfach die falsche Zeit für ein bestimmtes Buch.

Pascal Mercier: Nachtzug nach Lissabon. btb, 2006, 496 Seiten; 11 Euro.

Dieser Post ist Teil des Portugal-Monatsthemas im August 2020.

Dazu hab ich auch was zu sagen!