Mentalisieren bei Psychosen von Helga Felsberger

„Der Begriff ‚Mentalisieren‘ beschrieb bislang die imaginative und intuitive Fähigkeit, das eigene Verhalten oder das Verhalten anderer Menschen durch Zuschreibung mentaler Zustände, wie etwa Wünsche, Bedürfnisse, Gefühle, Überzeugungen und Motive, zu interpretieren. Eine solche Fähigkeit setzt allerdings die Möglichkeit und Bereitschaft zur kommunikativen Bezogenheit voraus.“ (Seite 9f)

Helga Felsberger setzt sich in ihrem Buch initial mit dem Begriff „schizophren“ und mit Stigmatisierung auseinander, geht im weiteren Verlauf auf Klassifikation und Erklärungsmodelle von Psychosen ein, bevor sie Besonderheiten des Mentalisierens bei Psychoseerfahrung eingeht und die Mentalisierungsbasierte Psychosen-Psychotherapie (MBT-P) vorstellt.

Ich befasse mich seit fast 30 Jahren mit Psychosen, befinde mich aktuell in den letzten Zügen meiner Verhaltenstherapie-Ausbildung und arbeite psychotherapeutisch größtenteils mit Psychoseerfahrenen.

Der wertschätzende Ton von Felsberger hat mir von Beginn an sehr gut gefallen, auch den anfänglichen Fokus auf Vorurteile gegenüber und auf die starke Stigmatisierung von Psychoseerfahrenen fand ich gelungen, da er (leider) die Realität für viele Psychoseerfahrene widerspiegelt.

Ich empfand das Buch nicht als sonderlich einfach zu lesen, was sicherlich an philosophischen Einflüssen und vor allem an der psychodynamischen Tradition liegt. Ich habe das Buch somit deutlich langsamer gelesen, als ich das von mir kenne. Nichtsdestotrotz empfand ich die Lektüre als sehr wichtig, relevant und wertvoll für meine berufliche (verhaltenstherapeutische) Tätigkeit und zudem als gute Einführung ins Thema, die sich auch für Einsteiger in den Bereich Psychosenpsychotherapie eignet.

Felsberger hat es mit ihren Ausführungen außerdem geschafft, dass ich mich besser in die Tätigkeit anderer Berufsgruppen, v.a. bzgl. Tanztherapie, hineinversetzen und deren therapeutischen Ansatz besser verstehen kann.

Sehr gelungen fand ich auch die konkreten Übungsbeispiele.

Während und nach der Lektüre habe ich bemerkt, dass ich bei meiner Arbeit mit Psychoseerfahrenen schon sehr viel mentalisiere, das aber nie so genannt habe. Hier nehme ich aber trotzdem noch ganz viel weiteren Input mit.

Helga Felsberger: Mentalisieren bei Psychosen. Klett-Cotta, 2024, 272 Seiten; 30 Euro.

Dazu hab ich auch was zu sagen!