„diese Stadt, die so viel Toleranz übt für so viele Seiten des Lebens, die Begegnungen ermöglicht, Abenteurer anlockt. Mein neuer Beruf schenkt mir Einblicke und Berührungen, die voller zwischenmenschlicher Überraschungen stecken.“ (Seite 31)
Als die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) explizit Frauen zur Bewerbung animieren, zögert Susanne Schmidt nicht lange, bewirbt sich und wird eingestellt. Sie geht euphorisch in ihren neuen Lebensabschnitt, freut sich, ist stolz und gespannt. Die Ernüchterung kommt leider schneller als gedacht.
In Machen Sie mal zügig die Mitteltüren frei! erzählt Schmidt von Unterricht und Kantine, Sexismus und strengen Regeln, Neid und Konkurrenzdenken, Tageslenkzeit und Doppelwoche, Theorie- und Praxisstunden, Überhangfahren und Rückwärtseinparken, „Linie des Grauens“ und Verspätungen, falschem Abbiegen und kaputten Fahrscheinautomaten, Falschparkern und maulenden Fahrgästen, Schichtdienst und Schlaf-Wach-Rhythmus, Altern und Respekt.
Ich fand das Buch sehr informativ und unterhaltsam. Hier erfährt man sehr viel über die BVG und die Arbeit bei der BVG. Und dabei ist das Buch oft witzig, aber auch tragisch.
Vor allem aber werde ich nun anders durch Berlin laufen und fahren, denn das, was Schmidt erzählt, zeigt einem, was für ein Knochenjob das Busfahren – generell, aber vor allem in einer Großstadt wie Berlin – ist.
Nach der Lektüre verstehe ich wirklich jeden BVG-Streik und habe tiefsten Respekt für die BVG-Mitarbeiter. Schockiert hat mich beim Lesen vor allem, wie unfreundlich und wenig verständnisvoll manche Fahrgäste sind, aber auch, welcher Ton oft unter Kollegen herrscht.
Susanne Schmidt: Machen Sie mal zügig die Mitteltüren frei. Eine Berliner Busfahrerin erzählt. hanserblau, 2021, 208 Seiten; 17 Euro.