„Ich persönlich mag meine Jungs ein wenig gebraucht.“ (Seite 11)
Der Roman besteht aus Internetbewertungen eines Escorts, der (meist) Brad genannt wird und bei dem sich die Geister scheinbar scheiden. Zumindest berichten verschiedene Bewerter, die ihn gebucht hatten, von ganz unterschiedlichem Verhalten, haben einen vollkommen unterschiedlichen Eindruck von Brad, erzählen von Erfahrungen und Beobachtungen, die oft wenig miteinander gemein haben, die sich oft nicht im Geringsten ähneln.
So richtig weiß der interessierte Kunde des Escorts nicht, was ihn erwartet, und auch der Leser wird in eine Geschichte gezogen, die oft unglaublich ist, aber in all den abstoßenden Details sicherlich so passieren kann und wahrscheinlich überall auf der Welt so ähnlich passiert.
Das Buch wurde in den sozialen Medien und auf Blogs kontrovers diskutiert, und da von jemandem, dessen Buchmeinung ich sehr schätze, eine Empfehlung kam, habe ich die Leseprobe zum Roman gelesen. Schon da war klar für mich: Dieser Roman ist wie ein Unfall, den man beobachtet, wobei man nicht hinschauen will, aber hinschauen muss. Meine Neugier war geweckt, und als der Roman dann bei mir eintraf, hatte ich fast ein wenig Angst vor der eigenen Courage, denn schon die Leseprobe hat deutlich gemacht, dass Die Schlampen nichts für schwache Nerven ist.
Die Schlampen ist sehr brutal und sehr explizit, wirkt dabei aber extrem authentisch, was die Lektüre noch schwieriger und abstoßender macht. Oft habe ich mir beim Lesen weniger Gewalt und weniger detaillierte Schilderungen gewünscht, und oft habe ich das Buch mit einem Gefühl von Ekel zur Seite gelegt, so dass ich den Roman nur in Etappen gelesen habe und nicht lange am Stück lesen konnte.
Trotzdem empfehle ich das Buch, denn es zeigt eine Welt, in die man sonst (glücklicherweise) keine Einblicke erhält. Das mag etwas voyeuristisch sein, aber es ist spannend, und ich fand diese Einblicke ebenso ekelhaft und schrecklich wie faszinierend, und letztendlich finde ich das Buch sehr mutig.
Was ich auf jeden Fall noch erwähnen muss, ist die unglaublich schöne und besondere Aufmachung des Romans: der geprägte Deckel mit dem Männerkörper, in dem man andere Bilder entdeckt, und der farbige, glänzende Schnitt.
Dennis Cooper: Die Schlampen. Übersetzung von Raimund Varga. Luftschacht, 2021, 240 Seiten; 24 Euro.