„Alle wichtigen Entscheidungen werden auf der Basis lückenhafter Daten getroffen.“ (Seite 58)
Die Ich-Erzählerin Katja und ihr Vertretungszahnarzt Jakob sind von Grund auf verschieden – sie: ängstlich und vorsichtig, er: wagemutig und risikobereit – , aber sie verlieben sich ineinander, heiraten und verbringen eine glückliche Zeit miteinander. Doch dann verliebt sich Jakob in eine andere Frau, verlässt Katja und stirbt kurz darauf bei einem Unfall.
Katja fällt ins Bodenlose, doch dann trifft sie zwei Menschen, die ihr helfen, wieder zurück zu sich und zu einer für sie lebenswerten Zukunft zu finden: den Altphilologen Dr. Friedrich Blank, der nicht mehr am Leben ist, aber durch und durch realistisch wirkt und bei Katja einzieht, und den Feuerwehrmann Armin, der eines Tages einfach in ihrer Wohnung sitzt und dann immer wieder kommt.
Ich fand Was man von hier aus sehen kann von Mariana Leky wunderbar, und ich war dementsprechend neugierig auf Lekys Roman Die Herrenausstatterin, der bereits 2010 erstmals erschienen ist.
Ich empfand Die Herrenausstatterin als nicht ganz so gelungen wie Was man von hier aus sehen kann, auch wenn mir der Roman insgesamt sehr gut gefallen hat.
Die Herrenausstatterin wird sehr liebevoll und mit so vielen Details erzählt, dass ich beim Lesen oft lächeln musste und einem teilweise richtig das Herz aufgeht. Leky erzählt vom großen Glück, wenn man jemanden findet, mit dem man ein zufriedenes und erfülltes Leben führt, und vom großen Schmerz, wenn einem dieser Mensch wieder entrissen wird. Dabei weist ihr Schreibstil einen hohen Wiedererkennungswert auf und hat mich oft an Was man von hier aus sehen kann erinnert, auch wenn ich finde, dass die Bücher aus thematischer Sicht letztendlich recht unterschiedlich sind.
Besonders gut gefallen haben mir die Schilderungen von Katjas Gefühlen nach dem Verlust von Jakob, in denen sie auf feinfühlige Weise davon berichtet, wie sich das Leben nach dem Tod eines geliebten Menschen verändert, wie einen alles an den Verstorbenen erinnert, wie man jedes Geräusch, jeden Geruch, jeden Geschmack, alles Gesehene und alle Empfindungen mit dieser Person assoziiert, wie der Alltag zu einem permanenten Reminder dafür wird, was man verloren hat und wie schwer dieser Verlust wiegt.
Wie bereits in Was man von hier aus sehen kann empfand ich es als bemerkenswert, wie Leky er schafft, den Leser zu berühren und zu bewegen, indem sie Gedanken und Gefühle der Protagonisten vollkommen überzeugend schildert, Situationen so lebensnah beschreibt und mit Beispielen versieht, dass man sich in ihren Geschichten problemlos wiederfinden kann und das Gefühl bekommt, dass Leky in Worte fasst, was man selbst schon in ähnlichen Momenten erlebt und empfunden hat.
Durch die magisch-realistischen Elemente ist der Roman zudem oft märchenhaft, wodurch er zwar meist wunderbar ist, aber manchmal auch etwas sonderbar wirkt, und ich nicht immer Zugang zu einzelnen Aspekten des Buches gefunden habe.
Mariana Leky: Die Herrenausstatterin. DuMont Buchverlag, 2017, 206 Seiten; 11 Euro.