„Aber sie werden das Haus niederreißen!“, rufe ich. „Was ist schon ein Haus, wenn man ein ganzes Land verloren hat“, seufzt sie.
Der Araber Amin ist erfolgreicher Chirurg, ist glücklich verheiratet mit Sihem und lebt sein Leben scheinbar fernab des Nahostkonflikts, fernab der Ungerechtigkeit, die seinem Volk widerfährt, fernab der Intifada. Eines Tages wird seine heile Welt zerstört, denn alles deutet darauf hin, dass Sihem für ein Selbstmordattentat und den Tod unschuldiger Menschen verantwortlich ist. Amin versucht schließlich, den Geheimnissen seiner Frau auf den Grund zu gehen und begibt sich in die Zentren des palästinensischen Widerstandes.
Yasmina Khadra bewegt sich sprachlich auf dem gewohnt hohen Niveau, beschönigt nichts und beschreibt das Misstrauen und die Diskriminierung im eigenen Land, gibt dem Leser Gründe für und gegen Fundamentalismus/Selbstmordattentate, klärt über die Missstände in Palästina/Israel auf, berichtet vom Leiden der Menschen, von der Allgegenwärtigkeit des Kampfes, vom Fehlen eines sorglosen und freudvollen Lebens, von Hass, Ohnmacht und dem Verlust der Selbstachtung. Auf der Suche nach den Geheimnissen seiner Ehefrau wird Amin endlich wieder bewusst, woher er kommt; er erkennt, dass er Scheuklappen getragen hat, die Augen vor der politischen Misere und dem Leid der Palästinenser verschlossen hat.
Die Attentäterin ist meiner Meinung nach eines der besten Bücher zum Thema und sehr empfehlenswert.
Yasmina Khadra: Die Attentäterin. Übersetzt von Regina Keil-Sagawe. dtv, 2008, 272 Seiten; vergriffen.
Dieser Post gehört zum Thema Palästina und Israel im Juni 2017.