Der ehrliche Finder von Lize Spit

„Finden zu seinem Beruf gemacht“ (Seite 17)

Jimmy ist ein einsamer Junge, der gut in der Schule ist und leidenschaftlich Flippos sammelt. Er ist immer auf der Suche nach vergessenen oder verlorenen Münzen in Zigarettenautomaten, Umkleideschließfächern, Parkuhren und Einkaufswagen, um das Geld direkt in Chips zu investieren, um so an weitere Flippos zu kommen. Neben seiner eigenen Sammlung legt er auch eine für seinen besten Freund Tristan Ibrahimi an, der aus dem Kosovo stammt, mit seinen Eltern und Geschwistern vor Krieg und Gewalt geflohen ist.

Seit über einem Jahr lebt die Familie Ibrahimi in Bovenmeer, Jimmy hilft Tristan in der Schule, erklärt, übersetzt, unterstützt ihn. Und nun bittet ihn Tristan um weitere Hilfe, denn die Familie hat einen Brief bekommen: Ihr Asylantrag wurde abgelehnt, die Familie muss zurück in den Kosovo. Nur Jimmy kann helfen, und er würde für seinen besten (und einzigen) Freund alles tun.

Ich habe von Lize Spit bereits das kontrovers diskutierte Debüt Und es schmilzt, das ich sowohl schockierend als auch faszinierend fand, sowie den wunderbaren Roman Ich bin nicht da, in dem sich Spit sehr berührend und überzeugend mit einer psychischen Störung auseinandersetzt, gelesen. Ich war somit sehr gespannt auf Der ehrliche Finder und habe das Buch in wenigen Stunden an einem einzigen Tag ausgelesen.

Wie von Spit gewohnt ist Der ehrliche Finder eindringlich geschrieben und hat mich schon auf der ersten Seite vollkommen in seinen Bann geschlagen. Spit schreibt in klarer und schnörkelloser Sprache und schafft es, die Figuren so überzeugend und lebendig zu charakterisieren, dass sie vor meinem inneren Auge erschienen sind und ich sofort in Beziehung zu ihnen gegangen bin.

Anfangs empfand ich das Buch als wirklich herzerwärmend, man spürt beim Lesen regelrecht, wie viel Jimmy der Kontakt zu Tristan bedeutet, wie wichtig er für ihn ist, dass er viel für ihn und in ihn investiert.

Irgendwann wurde mir beim Lesen aber ganz schlecht, denn man merkt plötzlich, dass sich die Stimmung ändert, ahnt, dass etwas Bedrohliches über Jimmy und Tristan hereinbrechen wird. Mir hat es im letzten Drittel des Romans die Luft abgeschnürt, wie ich es selten bei einem Roman erlebe, ich habe atemlos weiterlesen müssen und gleichzeitig nicht mehr weiterlesen wollen.

Das Ende kam für mich dann doch unerwartet, mit einem Paukenschlag, jedoch in meinen Augen stimmig und realistisch.

Ein Lieblingsbuch 2024.

Lize Spit: Der ehrliche Finder. Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen. S. Fischer, 2024, 128 Seiten; 18 Euro.

Dazu hab ich auch was zu sagen!