Das verlorene Kopftuch von Nadine Pungs

„Ich war zu naiv, um die tiefe Zerrissenheit im Land zu erahnen. Nicht zerrissen in Schwarz oder Weiß. Das wäre ja kinderleicht. Nein, da sind nicht nur zwei – da sind Myriaden von Seiten. Und durch all die Risse kommt das Licht hinein.“ (Seite 9)

Dreißig Tage lang reist Nadine Pungs durch den Iran. Ihre Wege führen sie unter anderem nach Teheran, Qom, Kashan, Esfahan, Yazd, Qeshm, Shiraz, Kermanshah, Hamedan und Tabriz.

In Das verlorene Kopftuch erzählt Pungs von Gastfreundschaft und Ta‘arof, Nouruz und Religion, Zensur und Sittenpolizei, Schah Mohammad Reza Pahlevi und Ayatollah Khomeini, Mode und Tschador, Schreinen und Moscheen, Ash und Dugh, Wüste und Karawansereien, Teppichen und Backgammon, Azan und Picknick, Windtürmen und Zarathustra, Alkohol und Crystal Meth, Straßenverkehr und Todesstrafe.

Vor dem Lesen kannte ich bereits Pungs Iran-Reportage Randvoll ist mein Herz, mit der sie den The-Travel-Episodes-Schreibwettbewerb gewonnen und die mir sehr gut gefallen hat. Das verlorene Kopftuch hat meiner Meinung nach gehalten, was Randvoll ist mein Herz versprochen hat: Das Buch bringt einem den Iran näher, zeigt die Komplexität des Landes, informiert, unterhält und klärt auf.

Dabei ist Das verlorene Kopftuch anspruchsvoll geschrieben, und Pungs schafft es, mit gelungenen Vergleichen und pointierten Beschreibungen das Leben und den Alltag im Iran einzufangen und ihren exzellenten Beobachtungen den passenden sprachlichen Ausdruck zu verleihen. Dabei erwähnt sie positive und negative Aspekte und berichtet auch von unangenehmen Begegnungen und Momenten, so dass ihr Buch keine reine Lobhudelei ist, obwohl sie vom Iran fasziniert und begeistert ist.

Anfangs fand ich das Buch ein wenig sprunghaft und hatte das Gefühl, dass man ein gewisses Vorwissen bezüglich des Iran aufweisen sollte, um Pungs Ausführungen stets folgen zu können. Mir selbst kam vieles bekannt vor, da ich mich bereits ausführlich mit dem Land, seiner Geschichte, dem Islam und seinen Strömungen beschäftigt habe, so dass ich mich gut in Pungs Buch einfinden konnte. Im Laufe des Buches hat sich diese Sprunghaftigkeit vollkommen gegeben, und ich kann das Buch sowohl für Einsteiger in Sachen Iran als auch für diejenigen empfehlen, die sich schon näher mit dem Land auseinandergesetzt haben.

Nadine Pungs: Das verlorene Kopftuch. Wie der Iran mein Herz berührte. Malik, 2018, 250 Seiten; 16 Euro.

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