>>“An diesem Bild ist irgend etwas Besonderes.“
[…]
„Nimm es ruhig und gelassen, Mädchen. Ein Bild ist doch nichts weiter als Leinwand, Holz, Farbe, Firnis… Das einzige, was zählt, ist, was es dir in die Tasche bringt, wenn es den Besitzer wechselt. […] Der Rest, das sind alberne Geschichten.“<< (Seite 23 der Rowohlt-Taschenbuchausgabe von 2001)
Julia restauriert Originalkunstwerke und entdeckt eines Tages einen verborgenen Text unter den Farbschichten des Bildes „Die Schachpartie“ des flämischen Malers Pieter Van Huys.
Die Inschrift lautet „Quis necavit equitem“ („Wer tötete den Ritter?“), und Julia ist sich schnell sicher, dass sie vom Maler selbst stammt, also ein halbes Jahrtausend alt ist.
Julia ist fasziniert von dem Gemälde und neugierig auf seine Geschichte. Mit Hilfe ihres Ex-Geliebten, dem Kunsthistoriker Álvaro, recherchiert sie über den Künstler und die abgebildeten Figuren. Je mehr Julia erfährt, desto mysteriöser wird die Geschichte und desto mehr Fragen tun sich auf.
Und schließlich wird Álvaro tot aufgefunden. Handelt es sich um einen Unfall oder um Mord? Und welche Rolle spielt das Gemälde?
Von Anfang an empfand ich Das Geheimnis der schwarzen Dame als sehr lebendig erzählt, sehr geheimnisvoll und stimmungsvoll. Arturo Pérez-Reverte schafft es mühelos, den Leser in seine mysteriöse Geschichte zu ziehen und ihn sowohl in die Welt des Schachs als auch in die Welt Van Huys‘ mitzunehmen.
Sehr bald wird der Fokus des Romans aufs Schachspiel gelegt, und sowohl die Figuren des Romans als auch der Leser werden in die Partie hineingezogen, die auf dem Gemälde abgebildet ist und die auch in der Gegenwart eine bedeutende Rolle erhält.
Die Romanfiguren und der Leser erspüren immer mehr das Geheimnis des Bildes, imaginieren die vergangenen Schachzüge, antizipieren die kommenden Schachzüge. Dies fand ich eine sehr raffinierte Idee, eine Kriminalgeschichte zu erzählen, und durch die abgedruckten Schachpositionen kann man als Leser (sofern man die Regeln des Schachspiels kennt) miträtseln, mitüberlegen und mitspielen.
Die Auflösung empfand ich als etwas dick aufgetragen und etwas zu konstruiert, aber nichtsdestotrotz hat mir der Roman viel Freude bereitet, mich begeistert und gefesselt.
Ich vermute, dass man schon recht schachaffin sein sollte, um an dem Roman Gefallen zu finden, und dass man ohne diese Affinität nur wenig Zugang zur Geschichte bekommt. Wenn man Schachspieler ist und/oder sich für das Spiel begeistert, dann ist Das Geheimnis der schwarzen Dame ein packender Krimi.
Arturo Pérez-Reverte: Das Geheimnis der schwarzen Dame. Übersetzung von Gerhard Horstmann. Insel Taschenbuch, 2015, 410 Seiten; 10 Euro.
Dieser Post ist Teil des Schach-Monatsthemas im Januar 2022.