„Verschwinden die Geschichten, wenn keiner sie mehr erzählt?“
Astrid Rosenfeld erzählt von Edward und Adam, die sich zwar nie begegnet und dennoch eng miteinander verbunden sind.
Edward wächst Ende des 20. Jahrhunderts auf und wird von seinem Großvater Moses ständig mit dessen Bruder Adam verglichen. Immer wieder ist Adam, der sich eines Tages mit dem gesamten Familienvermögen abgesetzt hat und seitdem verschwunden ist, ein Thema in der Familie, und immer wieder kommt es zu Vergleichen zwischen den beiden.
Der erwachsene Edward, der nicht recht weiß, wohin es im Leben noch gehen soll, der kein Ziel und keine Wünsche hat, findet schließlich sein Erbe und damit seine Berufung in Form eines Briefes von Adam an seine große Liebe Anna.
Edward taucht ein in die Geschichte des Untergangs der Weimarer Republik, in die Zeit von Hitlers Machtergreifung und der zunehmenden Sanktionen gegen Juden und deckt Familiengeheimnisse auf, die seit Jahrzehnten begraben liegen.
Adams Erbe lässt sich flüssig lesen und wirkt aufgrund der vielen Dialoge sehr lebendig. Rosenfelds Protagonisten sind komplex und ausgezeichnet beschrieben, so dass es die Autorin vermag, den Leser glaubwürdig in Edwards Leben zum Ende des 20. Jahrhunderts sowie in Adams Leben im Dritten Reich zu versetzen.
Gefallen haben mir auch Rosenfelds Wortwitz und der Humor, mit dem die Protagonisten selbst dunkle Zeiten überstehen.
Die Verwebung von Vergangenheit und Gegenwart gelingt meiner Meinung nach hervorragend, auch die Parallelen zwischen Adams und Edwards Leben sind glaubwürdig und gelungen.
Adams Erbe ist ein ebenso unterhaltsames wie tiefsinniges und bewegendes Buch, das ich sehr empfehlen kann.
Astrid Rosenfeld: Adams Erbe. Diogenes, 2015, 496 Seiten; 12 Euro.
Dieser Post ist Teil des Judentum-Monatsthemas im November 2018.