„Die Abwechslung von Depressionen und Manien treibt die Ambivalenz auf die Spitze, die wir alle kennen, die Balance von Nähe und Distanz, von Bindung und Autonomie, von Macht und Ohnmacht.“ (Seite 47)
Der Aufbau des Buches folgt dem zeitlichen Verlauf des Erkrankens an einer Depression bzw. einer Manie – sowohl bei den Betroffenen und den Angehörigen als auch bei den Professionellen.
Zuerst geht Thomas Bock auf das Erleben ein, d.h. auf den Beginn der Depression oder Manie, die Umschlagpunkte zwischen den beiden Extremen, die Sicht der Betroffenen, ihrer Partner, ihrer Kinder, ihrer Eltern sowie ihren Behandlern. Im folgenden Kapitel („Übersicht gewinnen“) beschreibt Bock die Symptome von Depression und Manie, die alte und die neue Klassifikation, die Häufigkeit und den Verlauf. „Verstehen“ beschäftigt sich mit verschiedenen Erklärungsmodellen, z.B. genetische Aspekte, Modelle aus Psychoanalyse und Verhaltenstherapie, „Handeln“ befasst sich mit Frühwarnzeichen, Prävention und Behandlung. Im letzten Abschnitt („Umgang mit Krisen“) geht Bock näher auf Themen wie Suizidalität und rechtliche Aspekte (z.B. Unterbringung und Betreuung) ein.
Seit meiner ersten „Begegnung“ mit Bock (im großartigen Film Nicht alles schlucken – Umgang mit Psychopharmaka) bin ich begeistert von ihm, seiner Sicht auf die Psychiatrie, seinem Umgang mit Betroffenen und Angehörigen. Seitdem habe ich einige seiner Bücher gelesen und viel von ihm gelernt, und auch Achterbahn der Gefühle hat mir sehr gut gefallen und mir für meine berufliche Tätigkeit als Psychologin sehr geholfen.
Bock zeigt durch die Zitate von Betroffenen, Angehörigen und Professionellen sowie die vielen Fallbeispiele, wie sich eine Depression/Manie auf alle Ebenen des Menschseins und des Miteinanders auswirkt, dass alle Lebensbereiche betroffen sind, wo und wie man Hilfe, Unterstützung und Verständnis bekommen kann. Von der Depression und der Manie wird durch den trialogischen Ansatz ein komplexes Bild gezeichnet und so das Verstehen von Symptomen und Verhalten ermöglicht. Bock zeigt, dass es im Bereich Depression und Manie viel Expertise gibt, so dass Betroffene und Angehörige nicht allein sind, sondern wie sie diese Expertise für sich, ihre Genesung und als eine Art Kraftspender nutzen können.
Das Buch thematisiert Sorgen, Enttäuschung, Ängste, den Umgang mit Symptomen, die Probleme in der Behandlung (z.B. der häufige Fokus auf Medikamente), Wut, aber auch Hoffnung, Stolz auf Erfolge, die Bedeutung von sozialer Unterstützung.
Ich empfehle das Buch für alle, die selbst von Depression/Manie betroffen sind, um mit Symptomen besser zurechtkommen und sehen zu können, dass sie nicht allein mit ihren Erfahrungen sind, für Angehörige, die besser verstehen möchten, was in Betroffenen vorgeht, was sie denken und fühlen, warum sie handeln, wie sie handeln, sowie für Professionelle, die die ganze Bandbreite des Erlebens in einer Depression bzw. in einer Manie entdecken möchten.
„In der Natur der Erkrankung liegt es, dass alle Einflüsse, die das Selbstwertgefühl zusätzlich schwächen, die Häufigkeit und Dauer der Phasen verstärken. Insofern ist die psychiatrische Behandlung, so notwendig sie auch sein mag, immer auch ein Risikofaktor. Schon die gesellschaftliche Stigmatisierung bewirkt eine zusätzliche Kränkung. Doch auch im konkreten Ablauf der psychiatrischen Behandlung und in der konkreten Beziehungsgestaltung etwa im Krankenhaus lassen sich zahlreiche, das Selbstwertgefühl belastende Momente finden.“ (Seite 100)
Thomas Bock: Achterbahn der Gefühle. Mit Manie und Depression leben lernen. BALANCE Buch + Medien Verlag, 2018, 211 Seiten; 17 Euro.
Ein Gedanke zu „Achterbahn der Gefühle. Mit Manie und Depression leben lernen von Thomas Bock“