Nachts ist es leise in Teheran von Shida Bazyar

„Was kommt eigentlich nach einer Revolution?“

Teheran im Jahre 1979: Der 27-jährige Behsad kämpft nach dem Sturz des Schahs für eine gerechtere Welt und lernt bei einem Treffen der kommunistischen Bewegung Nahid kennen, in die er sich verliebt. Nachdem die Situation im Land für Kommunisten immer gefährlicher und der beste Freund Behsads inhaftiert wird, fliehen die beiden – die mittlerweile miteinander verheiratet sind – aus dem Iran.

Der Roman erzählt die Geschichte von Behsad, Nahid und ihren drei Kindern (Morad, Laleh und Tara) sowie die Geschichte des Iran über 4 Jahrzehnte hinweg: vom Ende der Militärdiktatur von Schah Mohammad Reza Pahlavi, vom Aufstieg Khomeinis und der Gründung der Islamischen Republik, von Untergrundkämpfern und ihrer Verfolgung, von der Wahl und Wiederwahl Ahmadinedschads.

Ich habe mich schon sehr intensiv mit dem Iran befasst und sehr viel über die Islamische Revolution gelesen. Nachts ist es leise in Teheran hat mir sehr gut gefallen – einerseits aufgrund der abwechslungsreichen Geschichte um Behsad und Nahid, andererseits aufgrund der lebendigen Einblicke in die Geschichte des Iran und der einfühlsam geschilderten Erfahrungen von Einwanderern.

Shida Bazyar schreibt lange Sätze, in denen sie oft mehrere Sachverhalte verwebt oder mehrere Personen in einem Satz sprechen lässt, ohne dass die wörtliche Rede gekennzeichnet ist. Ich empfand das Buch dennoch als flüssig lesbar und fand nicht, dass dieser besondere Schreibstil den Lesefluss hemmt.

Alle 10 Jahre wird die Geschichte aus der Sicht einer anderen Person der Familie erzählt. Jede dieser Personen hat ihren individuellen Stil, wie sie erzählt und worauf sie den Fokus legt, so dass ich den Perspektivenwechsel rundum gelungen und glaubwürdig fand. Auch die Art und Weise, wie die Autorin Themen wie Heimat, Sehnsucht und Fremdheit anspricht, hat mir gut gefallen und lässt aufgrund der Komplexität und Authentizität der beschriebenen Gedanken und Gefühle einen autobiografischen Einfluss vermuten.

Nachts ist es leise in Teheran erzählt eine spannende Familiengeschichte, die sich um Migration und Integration, Heimat und Fremdheit dreht, und bietet eine lebendige Beschreibung der Geschichte des Iran seit 1979.

Shida Bazyar: Nachts ist es leise in Teheran. Kiepenheuer&Witsch, 2016, 288 Seiten; 19,99 Euro.

Dieser Post ist Teil des Themas „Flucht und Migration“ im April 2017.

Dazu hab ich auch was zu sagen!