„Für ein fortschrittliches Land haben wir ein geradezu bizarr übertriebenes Sicherheitsnetz, vielleicht das lückenloseste Überwachungssystem der Welt. Großbritannien ist das Land, in dem das Vertrauen vergessen wurde.“ (Seite 78)
Adam Fletcher, gebürtiger Brite und seit 2010 Wahl-Berliner, erzählt in So sorry von Höflichkeit und Komplimenten, Weltreich und Dysmorphophobie, NHS und privater Krankenversicherung, Brexit und UKIP, Unterschicht und Elite, Humor und banter, Fremdsprachen und Received Pronunciation, Wetter und Pubs, Untertreibung und Verneinung, Chip Butty und Crisp Sandwich, Tee und Irn-Bru, Alkohol und Bingo, Cricket und Rugby, Verkehrskreiseln und Schneefall.
Ich kenne das Vereinigte Königreich von eigenen Reisen und zudem einige Briten, so dass ich neugierig darauf war, ob ich in Fletchers Buch selbst beobachtete Aspekte wiederfinde.
Beim Einstieg ins Buch hatte ich eher kein gutes Gefühl, was den weiteren Verlauf angeht, denn ich empfand Fletchers Ausführungen als zu bemüht und kaum lustig.
Zum Glück habe ich weitergelesen, denn nach den ersten – etwas holprigen – Seiten wird das Buch informativ und stellenweise sehr witzig, und ich habe auf jeder Seite Dinge wiedererkannt, die mir selbst in UK oder bei Briten aufgefallen sind.
Von da an fand ich, dass Fletcher die Eigenheiten seines Heimatlandes gut zusammengefasst hat und dem Leser tatsächlich einen Eindruck darüber vermitteln kann, wie der Durchschnittsbrite denkt, fühlt und handelt.
So sorry ist eine amüsante Lektüre, die einem Großbritannien und die Briten näher bringen kann und zudem gut unterhält.
„Sie sind voller Selbstvertrauen. Schließlich haben Sie Englisch jahrelang in der Schule gelernt. […]
Dann steigen Sie aus dem Flugzeug […]. Und begegnen wirklichen Engländern aus dem richtigen Leben. Deren Lippen bewegen sich, Worte dringen aus ihren Mündern. Unverständliche Worte. […] War das Englisch? Es klang nicht so. Sie schauen sich um. Ein roter Doppeldeckerbus fährt vorbei. Darin sitzt ein Mann und isst ein dreieckiges Sandwich. Leichter Regen tröpfelt ans Taxifenster.
Sie sind eindeutig in England. Es muss Englisch gewesen sein.“ (Seite 111f)
Adam Fletcher: So sorry. Ein Brite erklärt sein komisches Land. Aus dem Englischen von Ingo Herzke. Mit Illustrationen von Robert M. Schöne. C.H. Beck, 2018, 208 Seiten; 12 Euro.
Dieser Post gehört zum Monatsthema „Vereinigtes Königreich“ im März 2020.