„Ich war jetzt allein auf der Welt, mutterseelenallein“
Der 48-jährige Maxwell Sim realisiert, dass sein Tod niemanden wirklich treffen würde, dass er mutterseelenallein ist: von der Ehefrau verlassen; von der Tochter anscheinend vergessen; mit den Freunden kaum noch Kontakt, vom Vater am letzten gemeinsamen Abend in Sydney vertröstet und allein gelassen; die Mutter seit Jahren tot.
Bei der Arbeit ist Sim seit sechs Monaten nicht erschienen, da er aufgrund der Trennung von seiner Frau nicht einmal die Wohnung verlassen konnte.
Seine Versuche, der Einsamkeit zu entrinnen, schlagen fehl, und schließlich befindet er sich aufgrund seines neuen Jobs in der Zahnbürstenbranche auf einer Reise durch das Vereinigte Königreich.
Jonathan Coes Roman über den einsamen und freudlosen Max liest sich flüssig und reißt den Leser regelrecht mit in die Depression seines Protagonisten, deren Schilderung dem Autor hervorragend und überzeugend gelungen ist.
Gefallen haben mir zudem der lebendige Schreibstil mit häufigen Perspektivenwechseln (durch Briefe, Kurzgeschichten, Lebensbeichten der anderen Protagonisten) und die vielen Rückblenden in die Vergangenheit von Max und seiner Familie.
Gegen Ende empfand ich Max‘ Monologe (bzw. die von ihm imaginierten Dialoge) als weniger glaubwürdig und bisweilen unsinnig, aber insgesamt ist Coe ein überzeugender Roman über einen unendlich einsamen und traurigen Protagonisten auf der Suche nach dem Glück gelungen.
Jonathan Coe: Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim. Übersetzung von Walter Ahlers. btb Verlag, 2012, 416 Seiten; vergriffen (antiquarisch erhältlich).
Dieser Post gehört zum Monatsthema „Vereinigtes Königreich“ im März 2020.