„Der Blauschmuck der Frauen trägt die Handschrift der Männer.“
Filiz Lale wächst in einem Dorf in der Türkei auf und lebt hier zusammen mit ihren Eltern und ihren Geschwistern. Sie ist verliebt in den wenige Jahre älteren Yunus, doch ihr Vater ist gegen eine Heirat.
Und so verlässt Filiz ihr Dorf, heiratet Yunus heimlich und gegen den Willen ihres Vaters. Sie lebt mit Yunus im Haus seiner Mutter und wird von dieser und Yunus drangsaliert, verprügelt und bedroht.
Katharina Winkler hat mit Blauschmuck einen Roman vorgelegt, der auf einer wahren Lebensgeschichte basiert. Und beim Lesen möchte man gar nicht glauben, dass sich die Autorin das alles nicht einfach nur ausgedacht hat, dass unzählige Frauen tagtäglich brutale Gewalt erfahren, dass Filiz‘ Geschichte kein Einzelfall ist.
Der Roman ist keine leichte Kost, obwohl er sich aufgrund der einfachen Sprache, der wenigen Seiten und des großzügigen Layouts mit vielen Absätzen und halbleeren Seiten schnell liest. Die Autorin erzählt die Geschichte um Filiz auf nüchterne, sachliche und oft kindliche Weise. Dennoch ist sie explizit und bringt Dinge auf den Punkt, beschönigt nichts und schont den Leser nicht. Dabei erwähnt sie grausame Details oft nebenbei, als ob die brutale Gewalt gegen Frauen unwichtig und nicht sonderlich erwähnenswert ist. Und tatsächlich scheinen die Schilderungen von Angst, Gewalt, Verachtung und Erniedrigung Normalität für die Frauen im Dorf, für Filiz und für die Familie zu sein.
Stilistisch empfand ich den Roman als meisterhaft erzählt und als ein ganz besonderes Buch, das sich deutlich von anderen Romanen abhebt. Inhaltlich ist Blauschmuck jedoch so erschreckend und berührend, dass ich das Buch oft zur Seite legen und mir eine Pause vom Lesen gönnen wollte, was mir aufgrund des packenden Erzählstils und der eindringlichen Erzählweise der Autorin jedoch nicht gelungen ist.
Blauschmuck erzählt von einem Leben voller Gewalt und Abhängigkeit, das beispielhaft für so viele Frauenleben ist.
Katharina Winkler: Blauschmuck. Suhrkamp, 2017, 197 Seiten; 10 Euro.
Dieser Post ist Teil meines Monatsthemas „Sex und Gewalt“ im Dezember 2020.
Ach, damit wächst meine Wunschliste mal wieder! Sehr schön! Das klingt nach einem Buch für mich. 🙂
Natürlich lese ich auch lieber Bücher, die Freue machen aber ich finde, dass man solche Geschichten einfach immer wieder lesen muss, um nicht zu vergessen, wie viel Gewalt es gegen Frauen gibt!
Mit dem Monatsthema machst du´s uns ja nicht unbedingt leicht… Es könnte sein:
– Bücher von Autorinnen
– Bücher mit Frauen, die Gewalt erfahren
Ich muss das nächste Buch abwarten. Vielleicht ist es dann klarer für mich. 😉 Danke, dass du dir so viele Gedanken machst und Mühe gibst, damit wir Spaß haben. :-*
Ich finde das ganz wunderbar, wie du überlegst. Und du hast mir eben auch gleich einen Impuls gegeben. Ich glaube, ich ändere meinen Plan, was ich morgen vorstelle, und verwirre euch alle noch ein bisschen mehr. Mal schauen, ob ich was Passendes finde.
🙂