„Das war das Problem: Niemand rechnete mit der Möglichkeit des Zufalls…“
Kurz nach seinem 79. Geburtstag stürzt Nariman Vakeel bei einem Spaziergang und bricht sich den Knöchel. Nun soll er vier Wochen das Bett hüten und den Knöchel ruhig stellen. Seine Stieftochter Coomy und ihr Bruder Jal sind mit der Situation schnell überfordert, der alte Mann wird mehr und mehr zur Belastung, alte Wunden reißen auf.
Coomy kann ihren Stiefvater schließlich erfolgreich zu Narimans leiblicher Tochter Roxana und ihrer Familie abschieben. Was als vorübergehende Lösung geplant und angekündigt war, wird bald zur Dauerlösung, und Roxanas Familie muss sich finanziell, räumlich und in Sachen Privatleben stark einschränken.
Die Quadratur des Glücks ist mein viertes Buch von Rohinton Mistry und hat mir nach Das Gleichgewicht der Welt am besten von allen gefallen.
Die Geschichte um den hilfsbedürftigen, an Parkinson erkrankten, von den Stiefkindern abgeschobenen, bettlägerigen Nariman macht stellenweise sehr betroffen und nachdenklich. Mistry zeigt hier sehr gut, was Altern bedeutet, wie die Pflege älterer Familienmitglieder schnell zur Belastung werden kann, wie dominant vergangene Verletzungen, das Gefühl der Benachteiligung, alte Vorwürfe sowie (subjektive oder objektive) Ungerechtigkeiten sein können.
Auch die Schilderungen Bombays und des Lebens in der indischen Stadt sind dem Autor hervorragend gelungen. Als Leser wird man authentisch in die Metropole versetzt, die Stimmung wurde durch Idiome und eine glaubwürdigen Beschreibung der Personen und Handlungsorte perfekt eingefangen. Die Protagonisten sind mir bei der Lektüre richtig ans Herz gewachsen, so dass ich mit ihnen gelitten und gehofft habe, mich für sie und mit ihnen freuen konnte und mich ihre Schicksale traurig gestimmt haben.
Die Quadratur des Glücks ist meiner Meinung nach nicht ganz so großartig wie Das Gleichgewicht der Welt, aber dennoch ein sehr empfehlenswerter und bewegender Roman.
Rohinton Mistry: Die Quadratur des Glücks. Aus dem Englischen von Rainer Schmidt. FISCHER Taschenbuch, 2004, 640 Seiten; 9,95 Euro.
Diese Rezension ist Teil des Indien-Themas im Januar 2017.