„Für den Anfang mag es hier genügen, festzuhalten, dass es nicht viel wert ist, als professionell Tätiger die Wirklichkeit bestimmen zu wollen, wenn der Klient seine Situation völlig anders wahrnimmt und bewertet. Die ‚Wirklichkeit‘ ist immer subjektiv konstruiert.“ (Seite 7)
Martin Reker erzählt in Menschen mit Alkoholabhängigkeit begleiten u.a. vom Reiz des Rausches, von geschlechtsspezifischen Aspekten, kulturellen Unterschieden, alkoholbedingten Veränderungen im Körper, biografischen Besonderheiten, Entgiftung und Entzug, Aufrechterhaltung von Abstinenz, Ressourcenorientierung, Maßregelvollzug und Sorgerecht.
Ich arbeite nicht explizit im Bereich der Sucht, aber habe oft mit der Doppeldiagnose Psychose und Sucht zu tun, auch wenn es sich dabei eher um THC oder Amphetamine handelt. Ich finde das Thema Alkoholabhängigkeit jedoch spannend und (gesellschaftlich und therapeutisch) sehr relevant, so dass ich das Buch von Reker gerne lesen wollte.
Reker schreibt sehr wertschätzend und betrachtet Sucht als das, was sie ist: ein komplexes Geschehen, bei dem man mit simplen Lösungen nicht weiterkommt. Das hat mir sehr gut gefallen, und auch die Tatsache, dass ich bei der Lektüre viel Neues gelernt habe, obwohl das Thema nicht ganz fremd für mich war, fand ich gelungen.
Schön ist auch der therapieschulenübergreifende Zugang und die breite Themenwahl, die es ermöglichen, auf weniger als 160 Seiten eine fundierte, praxisnahe und verständliche Einführung ins Thema Alkoholismus zu erhalten. Aus diesem Grund eignet sich das Buch meiner Meinung nach besonders gut für Einsteiger in die Thematik, ich denke aber, dass auch Fortgeschrittenere vom Buch gut profitieren können.
Ich persönlich hätte mir mehr Erwähnungen von psychologischen und psychotherapeutischen Aspekten der Behandlung gewünscht. Alles in allem empfand ich das Buch jedoch als inhaltlich sehr relevant, lehr- und hilfreich.
Martin Reker: Menschen mit Alkoholabhängigkeit. Psychiatrie Verlag, 2022, 160 Seiten; 20 Euro.