
„Tagsüber fand ich unseren großen Garten eher langweilig, aber mit zehn Jahren liebte ich ihn bei Nacht, denn ich fühlte mich durch die tierischen Besucher niemals einsam, sondern vereint mit der Natur. Über mir kreisten Eulen, Fledermäuse und Nachtfalter, um mich herum huschten Ratten, Marder, Waschbären und immer wieder ein bildschöner Fuchs.“ (Seite 22)
Die 15-jährige Luisa, die als Baby aus Peru adoptiert wurde und bei einer privilegierten Familie in Deutschland aufwächst, hat eine besondere Gabe: Sie kann extrem gut im Dunkeln sehen.
Luisa ist ein eher einsames Kind, beobachtet nachts Tiere und sieht diese als Kameraden. Eines Tages trifft sie im Wald einen Obdachlosen, den sie mehrmals mit Essen versorgt. Sie nimmt ihn, der sich Tim nennt, bei Regen heimlich im elterlichen Haus auf. Doch Tim wird mit der Zeit immer dreister, verlangt immer mehr und setzt Lisa unter Druck, sodass sie teilweise auch kriminelle Handlungen (mit-)begeht.
Mein erstes Ingrid-Noll-Buch habe ich 1997 gelesen, und ich kann mich sogar noch erinnern, wer mir dies empfohlen hat, wo genau ich es gekauft habe und dass ich ganz begeistert war.
In den letzten Jahren hatte ich immer öfter Sehnsucht und Heimweh nach dem Rhein-Neckar-Kreis, wo ich schon viele Jahre nicht mehr lebe, und habe dann immer wieder zu Noll-Büchern gegriffen, um mich in meine Zeit in der Region einzufühlen, in Erinnerungen zu schwelgen und ein bisschen alte Heimat zu erleben.
Von den späteren Romanen von Noll war ich jedoch bisweilen etwas enttäuscht und war deshalb besonders gespannt auf Nachteule.
Nachteule liest sich richtig unterhaltsam und hat mir extrem gut gefallen. Das Buch war die perfekte Ablenkung kurz vor einer großen Prüfung, die ich gerade absolviert habe, ist bitterböse und wird lebendig erzählt.
Ich finde, Nachteule liest sich wie einer der älteren Noll-Romane, deren Lektüre einfach Spaß gemacht hat. Natürlicherweise ist das Buch recht unrealistisch, aber das macht nichts, denn es ist einfach richtig schön spannend und hat mich perfekt in eine andere Welt versetzt.
Ingrid Noll: Nachteule. Diogenes, 2025, 304 Seiten; 26 Euro.