Der Sandmann. Graphic Novel nach E.T.A. Hoffmann von Vitali Konstantinov

„Mir kamen keine Worte in den Sinn, die nur im Mindesten etwas von dem Farbenglanz dieses inneren Bildes spiegelten. Vielleicht gelingt es mir aber, manche Gestalt so aufzufassen, dass du das Porträt ähnlich findest, ohne das Original zu kennen, ja dass es dir ist, als hättest du die Person recht oft schon selbst gesehen.Vielleicht wirst du, o mein Leser, dann glauben, dass nichts wunderlicher und verrückter sei als das wirkliche Leben und dass der Dichter dieses doch nur wie im dunklen Widerschein eines matten Spiegels auffassen kann.“ (Seite 12)

Nathanaels Kindheit wird bestimmt durch seine Furcht vor dem Advokaten Coppelius, der seinen Vater abends häufig besucht und mit diesem alchemistische Experimente durchführt. Als der Vater stirbt, gibt Nathanael Coppelius die Schuld, und später meint Nathanael, Coppelius in der Gestalt des Wetterglashändlers Coppola wiedergetroffen zu haben.

Immer weiter steigert sich Nathanael in seine Fantasien und in düstere Träume hinein, und schließlich verliebt er sich in Olimpia, die Tochter seines Professors, für die er seine Jugendliebe Clara verlässt.

Ich habe E.T.A. Hoffmanns Erzählung Der Sandmann vor mehr als 25 Jahren in der Schule gelesen, und ich kann mich noch erinnern, wie düster und unheimlich ich die Geschichte um Nathanael fand.

Auch in Vitali Konstantinovs Graphic Novel steht diese unheimliche und düstere Stimmung im Vordergrund: Das Buch wird dominiert von großartigen s/w-Zeichnungen, wobei bisweilen rote und blaue Akzente gesetzt werden.

Die Sprache Hoffmanns ist altertümlich und bisweilen umständlich, so dass sich die Erzählung bzw. die Graphic Novel nicht immer flüssig lesen lassen. Dies ist jedoch kein Nachteil der Geschichte, sondern trägt meiner Meinung nach zur unheimlichen Atmosphäre bei.

Der Sandmann ist eine grandiose Geschichte, die sich erstaunlich modernen Themen wie künstliche Intelligenz oder Rolle der Frau widmet, vor allem wenn man sich vor Augen führt, dass die Erzählung vor mehr als 200 Jahren geschrieben wurde.

Konstantinov hat meines Erachtens das Beste aus der Geschichte herausgeholt und eine wahrhaft gespenstische Graphic Novel geschaffen, die Der Sandmann perfekt in Szene setzt.

Vitali Konstantinov: Der Sandmann. Nach E.T.A. Hoffmann. Knesebeck, 2019, 48 Seiten; 22 Euro.

8 Gedanken zu „Der Sandmann. Graphic Novel nach E.T.A. Hoffmann von Vitali Konstantinov“

  1. Hallo! 🙂
    Den Sandmann von E.T.A. Hoffmann fand ich schon zu Schulzeiten unglaublich spannend und unheimlig – eine der Geschichten, die mir Freude gemacht haben, sie im Unterricht zu lesen. Es ist auch ganz erstaunlich, wie das Thema noch immer wieder ausgegraben wird und es freut mich, dass so viele Freude an Nathanaels Leben haben. Ich selbst habe auch 2 Graphic Novels, die sich der Story widmen, einmal als reine Adaption, einmal als Weitererzählung (Letzteres stelle ich im Oktober auf dem Blog vor). Auch dieses Buch werd ich meiner Sandmann-Sammlung vermutlich einverleiben 🙂

    Liebe Grüße!
    Gabriela

    1. Oh, das klingt ja auch spannend, da werde ich im Oktober auf jeden Fall drauf lauern. Danke für den Hinweis, liebe Grüße und einen guten Start in die neue Woche.

Dazu hab ich auch was zu sagen!