Rabenbrüder von Ingrid Noll

„mitten in einer Ehe-, Finanz- und Midlifekrise“ (Seite 9 der gebundenen Lizenzausgabe von 2007)

Paul hat ein gespaltenes Verhältnis zu seiner Familie: Seine Eltern nerven mit Ahnenforschung, sein jüngerer Bruder Achim erzählt Geschichten von sexuellen Abenteuern mit der eigenen Mutter. Das Verhältnis zu ihnen ist somit nicht das beste, und Paul sucht über die Jahre hinweg Abstand und bleibt misstrauisch.

Aktuell gibt es in seiner eigenen Ehe Probleme, und seit Monaten hat Paul schon ein Verhältnis mit Olga, einer alten Freundin von ihm und seiner Ehefrau Annette. Auch finanziell ist es nicht sonderlich gut um Paul bestellt, und während Achim einen Teil seines Erbes ausgezahlt bekam, ging Paul bisher leer aus.

Dann kommen mehrere Dinge ins Rollen: Wegen eines Autounfalls muss Annette im Krankenhaus behandelt werden, die heimliche Reise von Paul und Olga nach Spanien muss abgesagt werden, Pauls Vater erleidet einen Schlaganfall, und Achim betritt die Bühne, kommt bei Paul unter und kümmert sich um ihn. Und schließlich gibt es den ersten Toten im Umfeld der Brüder.

Ich habe sehr lange im Rhein-Neckar-Kreis gelebt, und Ingrid Noll hat mich zu Beginn dieser Zeit mehrere Jahre begleitet, mir die Region in ihren Büchern vorgestellt, mich literarisch an Orte mitgenommen, die ich bereits in der Realität kannte (oder umgedreht).

Seit ich nicht mehr in Süddeutschland lebe, sind Nolls Bücher zu einer Möglichkeit geworden, ein paar Stunden in meine alte Heimat zu reisen, Erinnerungen wieder aufleben zu lassen, mich in Gedanken an Orte zu begeben, die viele Jahre mein Alltagsleben bestimmt haben.

Rabenbrüder ist vor allem (aber nicht nur) im Raum Mannheim angesiedelt, und so richtig habe ich mich nicht in die Lokalität eindenken und einfühlen können, vielleicht weil ich auch in den vielen Jahren im Rhein-Neckar-Kreis nur wenige Berührungspunkte mit Mannheim hatte.

Trotzdem empfand ich die Geschichte um die beiden Brüder unterhaltsam, und die Lektüre hat mir Spaß gemacht.

Ingrid Noll: Rabenbrüder. Diogenes, 2004, 288 Seiten; 12 Euro.

Dazu hab ich auch was zu sagen!