„Vor einigen hundert Jahren lebte ein König, der war sehr hartherzig und stolz. Niemandem schenkte er Gnade, sein ganzes Volk lebte in Not und Pein, nur jene nicht, die Tag und Nacht sein Lob sangen.“ (Seite 151f)
Heinz Fähnrich hat die schönsten georgischen Märchen übersetzt und im vorliegenden Band veröffentlicht. Erzählt wird von Herrschern, ihren Söhnen und Töchtern, von bösen Stiefmüttern, von Drachen und Riesen, von Wesiren, von wundersamen Pflanzen, verzauberten Tieren und verhexten Menschen.
Die Märchen drehen sich um die Themen Liebe, Gastfreundschaft, Sehnsucht, Mut, Rache, Hilfsbereitschaft – so man das aus der russischen, orientalischen und europäischen Märchentradition kennt. Und tatsächlich verbinden die georgischen Märchen alles, was man aus diesen oben genannten Märchenschätzen kennt, woran man gut die geschichtlichen Hintergründe Georgiens und die geografische Nähe dieser Regionen erkennen kann.
Die Märchen sind in verschiedene Kategorien eingeteilt, z.B. Tiermärchen, Verwandlungsmärchen, Rätselmärchen und Königsmärchen, und innerhalb dieser Kategorien kann man immer wieder miteinander verwandte Themen, eine vergleichbare Symbolik und ähnliche Inhalte entdecken. Nichtsdestotrotz unterscheiden sich die einzelnen Märchen stark voneinander, und auch wenn einem beim Lesen viele Aspekte bekannt vorkommen (solange man mit russischen und orientalischen Märchen vertraut ist), gibt es immer wieder neue Details zu entdecken.
Die schönsten georgischen Märchen zeigt Georgien aus einer etwas anderen Warte, bietet jedoch einen ebenso authentischen wie traditionellen Blick auf das Land und seine Kultur. Die Sprache ist dabei modern, so dass sich die Märchen flüssig und schnell lesen lassen, man sich bei der Lektüre perfekt in den Kaukasus versetzen lassen und von fernen Welten träumen kann.
Heinz Fähnrich (Hrsg.): Die schönsten georgischen Märchen. Insel Verlag, 2018, 304 Seiten; 10 Euro.
Dieser Post ist Teil des Kaukasus-Themas im Oktober 2018.