Wenn das Schlachten vorbei ist von T.C. Boyle

„Wie können Sie von den Regeln der Höflichkeit sprechen, wenn unschuldige Tiere zu Tode gefoltert werden sollen? […] Ich werde erst wieder höflich sein, wenn das Schlachten vorbei ist, und keine Minute früher.“

Die Santa-Barbara-Inseln vor der kalifornischen Küste beherbergen zahlreiche endemische Arten, die jedoch durch eingeschleppte Tiere wie Ratten oder verwilderte Hausschweine gefährdet sind und kurz vor der Ausrottung stehen. Aus diesem Grunde will die Biologin, promovierte Ökologin und Projektkoordinatorin beim „National Park Service“ Alma Boyd Takesue die Ratten auf der Insel Anacapa vergiften, um so den endemischen Arten ein Überleben zu ermöglichen und den „Urzustand“ der Insel wiederherzustellen. Der Umweltaktivist Dave LaJoy und seine Organisation „For the Protection of Animals“ wollen dies jedoch mit aller Macht verhindern, denn sie können die Tötung von Tieren in keinem Falle befürworten – auch nicht, um andere Arten zu schützen. So kämpfen beide Parteien für ihre eigene Überzeugung, schrecken vor nichts zurück und riskieren durch blinden Fanatismus schließlich auch Menschenleben.

Wenn das Schlachten vorbei ist ist ein ebenso radikales wie wichtiges Buch, das sich meiner Meinung nach gut als Augenöffner eignet, um sich näher mit Umweltschutz, Tierschutz und Tierrechten auseinander zu setzen. Besonders positiv fand ich, dass es im Roman kein klares Gut oder Böse gibt, beide Parteien sind radikal, beide haben hohe Ideale, beide setzen diese ohne Rücksicht auf Verluste durch, beide Argumentationsketten sind bis zu einem bestimmten Punkt nachvollziehbar – zurück bleibt ein Leser, der sich mit einer komplexen Moral konfrontieren und sich seine eigene Gedanken zum Thema machen muss.

T.C. Boyle ist ein hervorragender Beobachter, der seine Eindrücke und Wahrnehmungen zudem sehr gut in Worte fassen kann. Seine Schilderungen sind bisweilen weitschweifig, jedoch so facettenreich, dass die Handlungsorte, die Ereignisse und die einzelnen Protagonisten lebendig und realistisch wirken. Zudem ist der Roman nicht nur spannend, sondern durch die Zeitsprünge auch sehr abwechslungsreich.

Wenn das Schlachten vorbei ist ist ein flüssig lesbarer Roman, der ethisch/moralisch komplex ist und den Leser mit konkurrierenden Überzeugungen zum Thema Artenschutz konfrontiert.

T.C. Boyle: Wenn das Schlachten vorbei ist. Aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren. Carl Hanser Verlag, 2012, 464 Seiten; 22,90 Euro.

Dieser Post ist Teil des Nordamerika-Themas im Februar 2017.

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